Quo vadis Sozialstaat? Ginge es nach dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU, Carsten Linnemann, wird der Bereich Soziales weitgehend zusammengestrichen. Statt alles mit Geld zuzuschütten, fordert er wieder mehr Eigenverantwortung. Während einer Diskussion beim Ludwig-Erhard-Gipfel sprach der Unionspolitiker von Arbeitspflicht und hunderttausenden Rentnern, die auch im hohen Alter noch gerne arbeiten. Das Bürgergeld in der jetzigen Form würde dann wieder abgeschafft.
Schwindende Arbeitsmoral
Völlig neu sind die Aussagen von Carsten Linnemann nicht. Dass er kein Freund des Bürgergelds ist, daran hat er nie Zweifel gelassen. Bereits der Name suggeriere, dass jeder in Deutschland Anspruch auf Grundsicherung habe. In dem Zusammenhang monierte er auch die schwindende Arbeitsmoral in Deutschland.
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Eigenverantwortung geht vor die Hunde
Inzwischen werde der Eindruck geweckt, dass der Staat alle Probleme mit Geld oder neuen Beamten lösen könne. Es habe sich eine völlig neue Mentalität breitgemacht. Im Büro von Carsten Linnemann fragten inzwischen sogar Mittelständler an, ob es für sie bestimmte Fördertöpfe gebe. Der Staat werde als Amazon-Plattform wahrgenommen, wo man alles bestellen könne und die alles organisiere. Die Eigenverantwortung in Deutschland gehe „volle Pulle“ vor die Hunde.
Kritik an Teilzeitgesellschaft
Kritik übt Carsten Linnemann auch am Trend hin zur Teilzeitgesellschaft. Die Zahl der Erwerbstätigen sei zwar von 40 auf 45 Millionen gestiegen, die Arbeitszeit indessen gleichgeblieben. Wir kämen nicht umhin, eine Debatte über die Erwerbspflicht zu führen. Sonst schade man der Volkswirtschaft. Dann gebe es bald kein Gesundheits- und auch kein Rentensystem mehr.
Grundsatzprogramm der CDU
Die größte Herausforderung aus Sicht von Carsten Linnemann: Für die Eigenverantwortung des Einzelnen zu kämpfen. Bezogen auf den Arbeitsmarkt bedeute dies, auch radikal zu denken. Es werde dramatisch, weil wir in den nächsten zehn Jahren 25 bis 30 Prozent weniger Arbeitskräfte haben würden. Die CDU arbeitet daher an einem Grundsatzprogramm, für das Linnemann zwei Maßnahmen vorschlägt.
Aktivrente
Rentner, die das Rentenalter erreicht haben, sollen weiterhin arbeiten dürfen. Der Verdienst sei dann steuerfrei. Bezahlt werden müssten lediglich die Sozialabgaben und die Krankenversicherung. Der CDU-Vize nennt es Aktivrente.
„Ich sage Ihnen, Hunderttausende von Rentnern würden mindestens in Teilzeit weiterarbeiten“,
so Linnemann.
Bürgergeld abschaffen
Punkt zwei auf der Liste: Das Bürgergeld abschaffen. Bislang habe auch er auf einen höheren Zuverdienst gesetzt, es aber völlig falsch eingeschätzt. Das System sei uninteressant. Viele würden lieber schwarzarbeiten. Daher möchte Carsten Linnemann ein System wie in Dänemark oder in den Niederlanden etablieren.
Beispiele aus Dänemark und den Niederlanden
In Dänemark müsse man mindestens 250 Stunden pro Jahr arbeiten, um den vollen Satz zu erhalten. Und in den Niederlanden gebe es eine Arbeitspflicht. Aber das dürfe man hierzulande nicht sagen, weil dann sofort historische Vergleiche gezogen würden. Es gelte: Wenn jemand arbeiten kann, müsse er nach drei bis sechs Monaten auch eine Arbeit annehmen.
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Es gebe genug Arbeit
Wir hätten massiv Arbeit und es würden dank künstliche Intelligenz Jobs angeboten, die auch passen. Niemand, der Lokomotivführer sei, müsse Pilot werden. Kurzum: Jeder, der Geld vom Staat bekomme, habe eine Bringschuld und müsse arbeiten gehen.
Armutsproblem wird verkannt
Sehr viel „Muss“, aber kein Wort dazu, wie es um Menschen bestellt ist, die in Bürgergeld-Hilfebedürftigkeit Angehörige pflegen, Kinder großziehen, krank oder nach Jahren auf dem Bau schlichtweg „kaputt“ sind und gar nicht mehr arbeiten können. Oder denen, die arbeiten und doch auf keinen grünen Zweig kommen. Ganz zu schweigen von einem menschenwürdigen Leben, von dem sich inzwischen viele der 14 Millionen Armutsbetroffenen in Deutschland immer weiter entfernen.
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