Vermitteln um jeden Preis, völlig egal, ob der Betroffene in einem anderen Job vielleicht besser aufgehoben und glücklicher wäre. Der Vermittlungsvorrang bei Hartz IV sorgt dafür, dass Arbeitssuchende kaum Chancen auf abschlussorientierte Weiterbildungen haben. Eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zeigt: Nur ein Prozent der Hartz IV Bedürftigen werden auf diese Weise gefördert und haben damit beste Aussichten, dauerhaft in Lohn und Brot zu bleiben.
Drehtüreffekt durch Vermittlungsvorrang
Das Hartz IV System schwächelt an vielen Stellen. Das Ziel der Jobcenter, Menschen möglichst schnell in irgendeinen Job zu vermitteln – geschuldet dem sogenannten Vermittlungsvorrang – ist eines dieser Mankos. Es führt zum Drehtüreffekt: Betroffenen sind schnell wieder auf Grundsicherung angewiesen, weil der Job schlichtweg nicht zur Person gepasst hat.
Weiterbildung bietet bessere Chancen
Deutlich bessere Chancen auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bieten laut DGB Weiterbildungen, die zu einem Berufsabschluss führen. Hartz IV Bedürftige, die eine solche Gelegenheit erhalten, sind nach einem halben Jahr zu zwei Dritteln fest angestellt. Ärgerlich nur, dass lediglich einer von 100 diese Chance erhält.
Hartz IV wird mit dem Bürgergeld nicht überwunden
Gezielte Förderung ist Mangelware
Auf Basis der Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) hat der DGB ermittelt: 1,2 Millionen der aktuell 1,7 Millionen Hartz IV Bedürftigen haben keine abgeschlossene Ausbildung. Eine entsprechende Weiterbildung, die einen Berufsabschluss ermöglicht, wird derzeit allerdings nur in 12.299 Fällen gefördert.
Weiterbildung macht Sinn
Dabei bietet dieser Weg klare Vorteile, so der DGB:
„Weiterbildung macht Sinn! Sie bietet vielfach einen Ausstieg aus der Arbeitslosigkeit und beugt Langzeitarbeitslosigkeit vor.“
Das gelte umso mehr mit Blick auf den Fachkräftemangel. Dadurch gewinne Weiterbildung an Bedeutung.
Bessere Quote bei der Arbeitslosenversicherung
In der Arbeitslosenversicherung hat man das erkannt. Hier liegt der Anteil derer, die einen Abschluss nachholen, bei 5,8 Prozent (16.647 von insgesamt 260.098 Arbeitssuchenden). Das heißt, erklärt der Deutsche Gewerkschaftsbund:
„Somit wird bei Hartz IV rund sechsmal seltener gefördert als in der Arbeitslosenversicherung.“
Bürgergeld stellt Weiterbildung in den Fokus
Die Hoffnungen ruhen jetzt auf dem Bürgergeld, bei dem der Vermittlungsvorrang fallen und der Fokus stärker auf der Aus- und Weiterbildung Hartz IV Bedürftiger liegen soll. Geplant ist ein Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro. Damit werde, so der DGB, eine der Hürden eingerissen, „die heute der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen entgegenstehen“. Denn viele hätten die Sorge, „sich eine langfristige Weiterbildung nicht leisten zu können“.
Bessere finanzielle Unterstützung nötig
Deshalb fordert der DGB einige Nachbesserungen beim Bürgergeld-Gesetz. Statt 150 Euro müsse das Weiterbildungsgeld 330 Euro im Monat betragen, damit die Teilnahme für Hartz IV Bedürftige attraktiver werde als ein Job im Niedriglohnsektor. Gleichzeitig sollen die Jobcenter proaktiv auf Weiterbildungsmöglichkeiten hinweisen.
Darüber hinaus wird beim Bürgergeld die förderungsfähige Ausbildungszeit von zwei auf drei Jahre verlängert.
Es fehlt an Geld
Das Problem, das auch der DGB sieht:
„Damit eine verbesserte Förderung der Weiterbildung gelingen kann, müssen den Jobcenter dafür ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stehen.“
Nur leider hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereits angedeutet, den Topf den mit Hartz IV Fördermitteln um 600 Millionen Euro kürzen zu wollen.
DGB Studie vom 21.09.2022 basierend auf eigenen Berechnungen des DGB sowie Statistiken der BA
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