Manchmal lohnt es sich, zu kämpfen: Eine Alleinerziehende erstritt vor dem Sozialgericht Berlin ein Urteil, das hohe Wellen schlägt. Haben Hartz IV Empfänger in Zeiten der Corona-Krise Schwierigkeiten, eine neue Wohnung zu finden, muss das Jobcenter weiterhin die Miete zahlen – auch, wenn die eigentlich zu hoch ist.
Gericht verpflichtet Jobcenter zur Zahlung der KdU
Die Corona-Krise brachte für Hartz IV Empfänger bisher viele Herausforderungen mit sich. Die steigenden Lebensmittelpreise und geschlossenen Tafeln in Zeiten der Pandemie machen es Leistungsbeziehern schwer, ihren Lebensunterhalt mit dem Regelsatz zu bestreiten. Einer der seltenen Lichtblicke dieser Tage: Das Sozialgericht Berlin verpflichtete das Jobcenter Berlin Steglitz-Zehlendorf mit Beschluss vom 20. Mai 2020 zur Zahlung der unangemessen hohen Mietkosten einer alleinerziehenden Mutter im Hartz IV Bezug (Az.: S 179 As 3426/20 ER).
Alleinerziehende Mutter muss aus Wohnung ausziehen
Die Frau und ihre beiden Kinder beziehen seit 2018 Hartz IV Leistungen. Im Juli vergangenen Jahres teilte ihr das Jobcenter mit, dass ihre Bruttowarmmiete von 990 Euro für ihr 79qm große 3-Zimmer-Wohnung zu teuer sei und das Jobcenter diese nur noch bis einschließlich März 2020 übernehmen würde. Ab April würden das Jobcenter lediglich Kosten der Unterkunft (KdU) in Höhe von 794, 92 Euro als angemessen empfinden und entsprechend zahlen. Die Differenz müsse die Frau aus dem Regelsatz begleichen oder die Wohnung wechseln.
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Jobcenter: Mutter bemühte sich nicht genug um neue Wohnung
In Anbetracht ihrer schwierigen finanziellen Lage, machte sich die Alleinerziehende auf, um eine neue Wohnung zu finden. Trotz aller Bemühungen konnte sie angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in der Corona-Krise keine neue Bleibe finden und trug dem Sozialgericht Berlin ihre missliche Lage vor. Das Jobcenter entgegnete, die Frau habe sich nicht intensiv genug um eine neue Wohnung bemüht und verlangte vom Gericht, den Antrag der Frau auf Erlass der Jobcenter-Anordnung abzuweisen.
Sozialgericht spricht Recht
Doch diese Rechnung hatte das Jobcenter ohne den Wirt gemacht: Das Sozialgericht urteilte im Sinne der alleinerziehenden Mutter und verpflichtete das Jobcenter vorläufig zur Zahlung der vollen Miete von April bis September 2020. Grund für den Richterspruch sei die im März eingeführte Regelung der Bundesregierung, der zufolge das Jobcenter während der Corona-Krise unangemessen hohe Mieten von Hartz IV Empfängern vollständig zahlen muss. Im vorübergehend verabschiedeten Gesetz namens „Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2“ heißt es dazu:
„§ 22 Abs. 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die tatsächlichen Anwendungen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen gelten“.
Corona-Regelung gilt nicht nur für Neuantragssteller
Aus Sicht des Gerichtes beziehe sich das Gesetz nicht nur auf Neuantragssteller von Hartz IV Leistungen, sondern gelte durchaus ebenso für Bürger, die sich schon vor der Pandemie im Hartz IV Bezug befanden und durch die Corona-Krise Schwierigkeiten haben, eine neue Wohnung zu finden.
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