Mehr Chancen, Beratung auf Augenhöhe – all das gehört zu den Phrasen, die bei der Planung und Einführung des Bürgergelds zigfach wiederholt wurden. Bislang spürt man davon wenig. Aber das Bürgergeld ist ja auch noch nicht richtig angekommen. Erst zu Juli folgt mit Schritt zwei die abschließende Einführung aller Komponenten inklusive des Kooperationsplans. Doch wird für Betroffene damit wirklich alles besser, oder hat das Kind wieder nur einen neuen Namen?
Ersatz der Eingliederungsvereinbarung
Zu den Neuerungen beim Bürgergeld, die mit etwas mehr Tamtam in die Öffentlichkeit getragen wurden, gehört der Kooperationsplan. Er tritt an die Stelle der Eingliederungsvereinbarung und soll gewissermaßen Spiegelbild der Bemühungen um eine neue Vertrauenskultur sein.
Kooperativer Ansatz
Der Kooperationsplan verfolgt, der Name deutet es an, einen kooperativen Ansatz. Damit reagiert man auf wissenschaftliche Kritik, die im ersten Regierungsentwurf zum Bürgergeld zitiert wird. Kurzum: Die Eingliederungsvereinbarung hat die gesetzlichen Anforderungen und Erwartungen „oftmals nicht erfüllt“.
Verbesserung der Teilhabe
Jetzt ruhen alle Hoffnungen auf dem Kooperationsplan, einem Plan zur Verbesserung der Teilhabe. Erarbeitet wird dieser Baustein gemeinsam von der Integrationsfachkraft und der/dem Bürgergeld Bedürftigen. Die Grundlage bildet eine Potenzialanalyse, bei der nach § 15 SGB II
„die für die Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit erforderlichen persönlichen Merkmale, die beruflichen Fähigkeiten und die Eignung“
festgestellt werden. Berücksichtigt werden neben den Stärken auch Umstände, die eine berufliche Eingliederung erschweren könnten.
Ein Kernelement des Bürgergeldgesetzes
Damit gilt der Kooperationsplan, der klar und verständlich formuliert werden soll, als eines der Kernelemente des Bürgergeld-Gesetzes. Er listet auf, welche Leistungen (auch anderer Träger) in Betracht kommen, wie die Hilfebedürftigkeit überwunden werden kann und in welche Ausbildung oder Tätigkeit vermittelt werden soll. Der Plan wird dann alle sechs Monate aktualisiert und fortgeschrieben.
Rechtsfolgebelehrungen bleiben
Ursprünglich sollte er „keine rechtliche Grundlage für Leistungsminderungen“ sein. Das hat man sich später anders überlegt, insbesondere nach der heftigen Kritik von Union & Co. Daher gilt: Lediglich die erste Einladung zum Gespräch zur Erstellung der Potenzialanalyse und des Kooperationsplans erfolgt ohne Belehrung über die Rechtsfolgen. Danach prüft das Jobcenter, ob
„die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die im Kooperationsplan festgehaltenen Absprachen einhält“.
Aufforderungen zur Einhaltung der Vereinbarungen aus dem Plan erfolgen mit Rechtsfolgebelehrung – also mit Hinweis auf mögliche Sanktionen beziehungsweise Leistungsminderungen nach § 31 SGB II.
Schlichtungsverfahren
Immerhin hat man mit Blick auf den Kooperationsplan, allerdings auch nur hinsichtlich der Erstellung und Fortschreibung, die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens eingeführt. Können sich Bürgergeld Bedürftiger und Jobcenter nicht einigen, können sie – einzeln oder gemeinsam – ein Schlichtungsverfahren nach § 15a SGB II n. F. anstreben. Hierzu wird eine unbeteiligte, dritte Person ohne Weisungsbefugnis auf Anruf hinzugezogen, die sowohl aus dem Jobcenter als auch von Außerhalb kommen kann.
Ziel ist die gemeinsame Auflösung von Differenzen durch Schlichtungsgespräche, die idealerweise mit einem Lösungsvorschlag enden. Wichtig: Das Schlichtungsverfahren endet entweder durch eine Einigung der Parteien oder spätestens nach Ablauf von vier Wochen ab Beginn der Schlichtungsbemühungen.
Während der Zeit des Schlichtungsverfahrens dürfen keine Leistungsminderungen aufgrund von Pflichtverletzungen seitens des Jobcenters verhängt werden.
Vorteil: kein Vermittlungsvorrang
Was heißt das nun für Betroffene? Zunächst einmal nur, dass es künftig einen Kooperationsplan gibt. Mögliche Vorteile ergeben sich aus der Kombination mit dem Verzicht auf den Vermittlungsvorrang und dem Fokus auf Weiterbildung, die jetzt gezielt(er) gefördert wird (Stichworte: Bürgergeldbonus und Weiterbildungsgeld).
Chance auf Weiterbildung
Bislang mussten Bürgergeld Bedürftige fürchten, unter Androhung von Sanktionen in jeden noch so schlecht bezahlten Job vermittelt zu werden. Jetzt besteht die Chance, eine Aus- oder Weiterbildung in Angriff zu nehmen, die bislang (oft aus reiner Willkür) vom Jobcenter abgelehnt wurde. Und dank Schlichtungsverfahren lassen sich eigene Interessen besser im Plan integrieren.
Es kommt auf den Menschen an
Insofern ist der Kooperationsplan etwas mehr als nur alter Wein in neuen Schläuchen. Dass man dem Jobcenter mit den Leistungsminderungen wieder die Peitsche in die Hand gibt, spricht indes nicht für Augenhöhe. Die richtet sich ohnehin nach dem Menschen auf der anderen Seite des Schreibtisches. Wo es bislang gut lief, wird es auch künftig gut laufen. Wo jetzt schon von oben herab agiert wird, ändern auch die Neuerungen vermutlich herzlich wenig.
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