Viele enttäuschte Hoffnungen gehen mit dem Bürgergeld einher. Statt auch nur einmal auf die zu hören, die tagtäglich mit Armut konfrontiert sind, hat die Ampel bei ihrer Sozialreform weitgehend nach eigenem Gutdünken gewerkelt. Das Ergebnis ist entsprechend mau. Schon bevor es in Gesetzesform gegossen war, sorgte es für Zoff. Daher stehen viele Wünsche, die Verbände und Co. an das Bürgergeld hatten, auch weiterhin im Raum.
Reform oder Reförmchen?
Darüber, ob der Schritt von Hartz IV zum Bürgergeld eine echte Reform, ein Reförmchen oder doch nur ein neues Etikett darstellt, lässt sich trefflich streiten – und wird auch weiterhin gestritten. Ebenso darüber, was sich ändern muss.
Bürgergeld in der Kritik
Betrachtet man die vielen menschenfeindlichen Kommentare auf Twitter und Facebook, dürften Bürgergeld-Empfänger künftig nur noch den Putz von der Wand lutschen. Denn mit 53 Euro mehr Regelsatz im Monat (ein alleinstehender Erwachsener erhält statt 449 jetzt 502 Euro) geht es Betroffenen aus Sicht der Kritiker viel zu gut. Insbesondere, weil ja alle sofort arbeiten könnten, ob sie nun krank, alleinerziehend, pflegend oder schlicht zu alt sind.
Warum arbeiten Bürgergeld-Bedürftige nicht einfach?
Armut bekämpfen
Damit werden Betroffenen immer weiter an den Rand gedrängt. Doch es gibt zunehmend kleine Lichtblicke. Das Hashtag #IchBinArmutsbetroffen auf Twitter zeigt: Solidarität ist noch nicht ausgestorben. Und es wird weiter gekämpft, um die Armut in einem der vermögendsten Länder der Welt in den Griff zu bekommen.
Die Forderungen für ein menschenwürdiges Leben
Viele Wünsche, die in dem Zusammenhang gestellt werden, hat #Armutverbindet gebündelt und online gestellt https://armutverbindet.de/ueber-armutverbindet/. Hinter #Armutverbindet stehen Nicola Dülk, Inge Hannemann, Martina Scheefeldt, Monja Ben Messaoud und Sasa Zatata. Sie bezeichnen sich als „Power Frauen mit geballten Wissen über selbst erlebte Armut“. Ihre Liste der „politischen Forderungen“ umfasst 20 Punkte, die teils seit Jahren im Raum stehen, von der Politik aber ganz bewusst totgeschwiegen werden.
Armutsfeste Regelsätze
An erster Stelle steht der Wunsch nach höheren und armutsfesten Regelsätzen beim Bürgergeld. Für einen Single sind das laut Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands 725 Euro im Monat. Überdies müssten die Stromkosten aus den Regelsätzen herausgenommen und separat übernommen werden.
Bürgergeld mit diesen Tricks kleingerechnet – 725 Euro plus Strom anstatt 502 Euro
Verzicht auf Sanktionen
Ein weiterer Aspekt, der sich in der Liste sehr weit vorn findet: Der Wunsch, dass im Rahmen des Bürgergelds künftig ganz auf Leistungsminderungen (die neue Bezeichnung für Sanktionen) verzichtet wird. Auch ein würdevoller Umgang mit Betroffenen und der Abbau von Bürokratie stehen auf dem Wunschzettel.
Mindestlohn und Co.
Ergänzt wird die Liste unter anderem durch eine Besteuerung von Überreichtum, einen Mindestlohn von 15 Euro, eine armutsfeste Kindergrundsicherung, Inklusion, einen bundesweiten Mietenstopp, einer solidarischen Mindestrente, gleiche Bildungschancen für alle und einen Erwerbslosen- und Armutsausschuss im Bundestag.
14 Millionen Armutsbetroffene
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Politik sich mit diesen Forderungen befasst oder auch nur einzelne Punkte abgearbeitet werden, ist allerdings eher gering. Und dies, obwohl knapp 14 Millionen Armutsbetroffene in Deutschland gemeinsam eine sehr laute Stimme hätten.
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