Sicher ist derzeit nur eines: Hartz IV wird zum 1. Januar 2023 ad acta gelegt. Dann beginnt die Ära des Bürgergelds. Mit der Reform des Sozialsystems sind viele Hoffnungen verbunden, und dank des andauernden Streits der Koalitionspartner auch viele Sorgen. Doch was wünschen sich eigentlich jene, die das Bürgergeld betrifft, die Hartz IV Bedürftigen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat zusammen mit der Ruhr-Universität Bochum nachgefragt.
Jeder Jeck ist anders
Erste Details der Studie, die am heutigen Mittwoch (3. August 2022) veröffentlicht wurde, nennt ein Bericht der Süddeutschen Zeitung. Die Zahlen beweisen eindrucksvoll, dass jeder Jeck anders ist. Oder: Hartz IV Bedürftige lassen sich nicht – wie oft und gerne gemacht – über einen Kamm scheren.
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560 Hartz IV Bedürftige wurden befragt
Für die Studie wurden 560 Hartz IV beziehende Langzeitarbeitslose in der Zeit von März bis Mai befragt. Alle Betroffenen werden von acht Jobcentern im Ruhrgebiet betreut. Daher zeichnet die DIW-Studie zwar ein regional beschränktes Bild. Dennoch hat es Aussagekraft und sollte von der Politik nicht gänzlich übersehen werden.
Mehrheit ist gegen Sanktionen
Ein Aspekt, bei dem man normalerweise eine klare Richtung erwartet hätte, sind die Hartz IV Sanktionen. Doch gerade bei diesem Punkt gehen die Meinungen auch in den Reihen der Betroffenen weit auseinander. Die Mehrheit (53 Prozent) ist gegen Kürzungen der Regelsätze. Doch immerhin knapp 20 Prozent befürworten die Sanktionsmaßnahmen.
Fehlverhalten wird als ungerecht empfunden
Damit fordert jeder fünfte Langzeitarbeitslose: Wer Termine nicht wahrnimmt oder ohne zwingenden Grund eine Maßnahme abbricht, soll auch weiterhin weniger Hartz IV erhalten. Sie empfinden es als ungerecht, wenn sich jemand nicht an die Regeln hält.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung erklärt: Damit zeige sich, dass
„Langzeitarbeitslose hinsichtlich ihrer Wert- und Gerechtigkeitsorientierungen keineswegs eine homogene Gruppe sind“.
Wunsch nach mehr Geld
Ziemlich eindeutig ist das Ergebnis der Studie zu den Regelsätzen. 89 Prozent der Befragten hoffen, dass mit dem Bürgergeld höhere Leistungen einhergehen. Das ist wenig verwunderlich, da die 449 Euro, die ein alleinstehender Erwachsener derzeit erhält, längst nicht mehr existenzsichernd sind.
Forderung: 50 Prozent mehr Hartz IV für eine armutsfeste Grundsicherung
Zuverdienst verbessern
Weitere Daten: 75 Prozent sind nicht mehr bereit, jede zumutbare Arbeit anzunehmen. Und viele wünschen sich bessere Zuverdienst-Möglichkeiten.
Viele Träume werden begraben
Nach aktuellem Stand der Dinge werden zumindest einige Hoffnungen zum Bürgergeld schon heute begraben. Mehr Geld wird es vermutlich geben, aber längst nicht in dem Rahmen – bis zu 687 Euro monatlich – den Verbände fordern. Die Sanktionen werden bleiben. Glück dürften jene haben, die arbeiten können und mehr Zuverdienst wünschen: Denn damit ist sogar die FDP einverstanden.
Studie des DIW vom 03.08.2022: Bürgergeld statt Hartz IV: Langzeitarbeitslose schätzen geplante Reform überwiegend positiv ein
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