Über einen Kamm geschoren zu werden: Das kennen Bürgergeld Bedürftige nur zu gut. Ihnen wird ständig das Etikett „faul“ angeheftet. Ähnlich ergeht es Menschen mit Migrationshintergrund. Hier lautet der Vorwurf, nur deutsche Sozialleistungen kassieren zu wollen. Offensichtlich beruht die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts genau auf dieser Annahme. Denn Betroffene in Bürgergeld Bezug haben nur dann eine Chance auf Einbürgerung, wenn sie Vollzeit arbeiten und aufstocken müssen.
Arbeitskräftemangel bekämpfen
Der Arbeitskräftemangel und noch mehr der Fachkräftemangel lassen sich ohne Einwanderung kaum lösen. Dessen ist sich die Ampel bewusst. Deshalb hat man sich zum Ziel gesetzt, die Bundesrepublik für Menschen aus dem Ausland attraktiver zu machen. Dazu gehört – so ist es auf der Webseite der FDP zu lesen –
„eine schnellere Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft“.
Das bedeute nicht, die Integrationsvoraussetzungen würden laxer gehandhabt. Im Gegenteil: Sie würden „deutlicher und strenger“.
Das neue Staatsangehörigkeitsrecht
Was heißt das konkret: Zunächst einmal verkürzt sich die Aufenthaltsdauer für eine Einbürgerung von acht auf fünf Jahre. Möglich sind auch drei Jahre, wenn besondere Integrationsleistungen vorliegen – das gilt für Sprachkenntnisse sowie berufliche respektive schulische Leistungen und persönliches Engagement. Ferner darf man seine bisherige Staatsangehörigkeit behalten und hat dann eine doppelte Staatsbürgerschaft. Grundvoraussetzungen sind das Bekenntnis zum Grundgesetz und gegen Antisemitismus. Wer meint, diesbezüglich die Finger hinter dem Rücken kreuzen zu können: Wer den Staat arglistig täuscht, dem kann die Staatsbürgerschaft binnen zehn Jahren auch wieder entzogen werden.
Das gilt für Bürgergeld Bedürftige
Kaum eine Chance auf Einbürgerung haben indes Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind. Der entscheidende Unterschied zur bisherigen Regelung: Es wird nicht mehr danach unterschieden, ob man möglicherweise unverschuldet – etwa aufgrund von Krankheit – Bürgergeld in Anspruch nehmen muss. Damit ist die Aussage
„Der Bezug dieser Leistungen ist unschädlich, wenn Sie die Inanspruchnahme nicht zu vertreten haben“
hinfällig (Ministerium für Kinder, Jugend, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen).
So wie man kranke, ältere, pflegende und erziehende Bürgergeld Bedürftige gemeinhin als Sozialschmarotzer betrachtet, geht es jetzt auch Menschen aus dem Ausland, die gerne arbeiten würden, aber nicht können. Hier bleibt dann nur eine Härtefallregelung, um doch noch eingebürgert zu werden.
Ausnahme: Vollzeitstelle
Oder: Man arbeitet Vollzeit und kann seinen und den Lebensunterhalt der Familienangehörigen trotzdem nicht aus eigener Kraft bestreiten. In dem Fall steht einer Einbürgerung nichts im Weg. Hintergrund: Man wünscht sich die Einwanderung in den Arbeitsmarkt und nicht in die sozialen Sicherungssysteme.
„Einbürgerungen, die den Bezug von Transferleistungen zementieren, lehnen wir ab“,
so die FDP. Weitere Ausnahmen gelten für ehemalige Gastarbeiter der ersten Generation und DDR-Vertragsarbeiter.
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