Hartz IV Bedürftige erhalten die doppelte Energiepauschale von insgesamt 200 Euro. Gleichzeitig wurde für Erwerbstätige im Rahmen des Entlastungspaketes eine einmalige Pauschale in Höhe von 300 Euro beschlossen. Doch wie verhält es sich mit Hartz IV Aufstockern? Sie sitzen in zwei Booten. Arbeiten und gleichzeitig mit Hartz IV aufstocken, um über die Runden zu kommen, ist an sich schon nicht leicht. Energiepreispauschale und der Corona-Bonus machen es noch etwas komplizierter.
Update vom 09.08.2022: 300 Euro Energiepreispauschale bei Hartz IV anrechnungsfrei
Etwa 860.000 erwerbstätige erwerbsfähige Hilfebedürftige
Im Sprachgebrauch der Bundesagentur für Arbeit heißen sie „Ergänzer“ oder „erwerbstätige erwerbsfähige Leistungsberechtigte“. Auf gut Deutsch: Es sind Menschen, deren Lohn nicht zum Leben reicht. Hier springt der Staat ein und ergänzt das zu geringe Einkommen zur Deckung des Lebensbedarfs mit dem Arbeitslosengeld II auf. Betroffen davon sind nach aktuell vorliegenden Statistiken der Bundesagentur für Arbeit etwa 860.000 Menschen und damit gut fast ein Viertel aller Hartz IV Bedürftigen. Den größten Teil der Hartz IV Aufstocker machen ausschließlich geringfügig Beschäftigte, gefolgt von sozialversicherungspflichtigen Teilzeitkräften aus.
Energiepauschale und Corona-Bonus
Da im Entlastungspaket nach Hartz IV Bedürftigen (Corona-Bonus) und Beschäftigten (Energiepreispauschale) unterschieden wird, drängt sich die Frage auf, auf welche Leistungen Ergänzer bzw. Hartz IV Aufstocker haben.
Corona-Bonus
Der Hartz IV Sofortzuschlag in Höhe von 200 Euro soll nach aktuellem Stand der Dinge Ende Juli, beginnend ab dem 23.07 (Wochenende) ausgezahlt werden, jedoch getrennt vom Hartz IV Regelsatz, da es sich um eine eigenständige Leistung mit gesondertem Bescheid handelt.
Energiepreispauschale (EPP)
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Steuerklassen 1 bis 5 sowie geringfügig Beschäftigte mit pauschaler Besteuerung (450-Euro-Jobber) erhalten stattdessen eine Energiepreispauschale von 300 Euro, die im September als Zuschuss an alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen vom Arbeitgeber gezahlt wird. Selbstständige können stattdessen den gleichen Betrag von der Steuer-Vorauszahlung abziehen. Wichtig: Die Energiepreispauschale muss der Einkommensteuer unterzogen werden, je nach persönlicher Steuerklasse bzw. Steuersatz ergeben sich unterschiedlich hohe Abzüge. Damit bleiben je nach Steuerklasse und Einkommen zwischen 180 und 250 Euro netto.
Aufstocker erhalten beide Leistungen
Da es nach aktueller Informationslage seitens der Regierung keine ausschließenden Kriterien gibt, erhalten Hartz IV Aufstocker demnach beide Zahlungen. Einmal die 200 Euro Pauschale ab Juli sowie die 300 Euro Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro im September 2022.
Zählt die Pauschale als Einkommen bei Hartz IV Bezug?
Kompliziert könnte es bei der Frage werden, ob und wie die Energiepreispauschale im Hinblick auf die Hartz IV Leistungen als Einkommen berücksichtigt wird.
Laut Bundesarbeitsministerium gibt es dazu derzeit noch keine Regelung: „Ob und inwieweit die Energiepreispauschale bei ALG-II-Aufstockenden als Einkommen zu berücksichtigen ist, wird im Rahmen der Umsetzung des Entlastungspakets noch zu klären sein“, heißt es von einem Sprecher des Ministeriums gegenüber der „taz“.
Hierbei komme es auf den Zweck und das Zusammenspiel der übrigen Entlastungen an.
Denkbar wären drei Szenarien:
1. Keine Anrechnung aufgrund Zweckbestimmung
Dabei ist der Zweck der Leistungen maßgeblich für eine Anrechnung, denn in § 11a Abs. 3 SGB II – Nicht zu berücksichtigende Einkommen heißt es:
(3) Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen.
2. Anrechnung als Erwerbseinkommen
Klar ist, dass bei einer Anrechnung der Energiepreispauschale als Einkommen höchstwahrscheinlich nicht viel davon übrig bliebe. Einerseits, dass es als Erwerbseinkommen angerechnet wird. In diesem Fall wäre allerdings der Erwerbstätigen-Freibetrag auf das reguläre Einkommen bereits angerechnet, so dass die 300 Euro Pauschale voll auf die Hartz IV Leistungen angerechnet würde – je nachdem wie hoch das Einkommen in diesem Monat ausfällt.
3. Anrechnung als sonstiges Einkommen
Eine weiteres Szenario wäre die Anrechnung als sonstiges Einkommen nach § 11 Abs. 3 SGB II. Hierbei gibt es keinen Erwerbstätigen-Freibetrag, lediglich die 30 Euro Pauschale für Versicherungen, sofern nicht schon anderweitig ausgeschöpft. In diesem Fall wäre sogar eine Aufteilung der gesamten Energiepauschale auf sechs Monate möglich, sofern die Einmalzahlung im Monat des Zuflusses zum Entfall des Leistungsanspruchs auf Hartz IV führe.
Gesetzliche Regelung bleibt noch aus
Hier werden also die nächsten Tage und Wochen zeigen, inwieweit die Energiepreispauschale bei Hartz 4 berücksichtigt oder nicht berücksichtigt wird. Spätestens wenn Bundestag und Bundesrat abschließend darüber entschieden haben, muss es eine Regelung zu diesem Thema geben.
Quellen:
- Bundesregierung bringt zweites Entlastungspaket auf den Weg, PM vom 27.04.2022
- Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Erwerbstätige erwerbsfähige Leistungsberechtigte – Deutschland
- Kinder-Sofortzuschlag und Einmalzahlung für Bedürftige, Deutscher Bundestag
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