Das Prestigeprojekt Bürgergeld wurde mit Ach und Krach über die Ziellinie gebracht. Davon will man jetzt nichts mehr wissen. Stattdessen fängt wenige Tage nach Einführung des Hartz IV Nachfolgers die Lobhudelei an. In einer ersten Bilanz zum Bürgergeld hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor allem sich und der Ampel auf die Schultern geklopft. Dass die Reform mit riesigen Scheuklappen erfolgte, bleibt unerwähnt.
Auszahlungen laufen reibungslos
Die einzig neu Aussage zum Bürgergeld im Resümee des Ministers: „Die Auszahlungen laufen reibungslos.“ Möglich wurde dies jedoch nur durch einen faulen Kompromiss, bei dem man den Unionsparteien ungewöhnlich viele Zugeständnisse machte. Anders hätte man das Bürgergeld aufgrund der Blockadehaltung von CDU und CSU nicht zum 1. Januar 2023 durchboxen können.
Wann die Grundsicherung fließt: Bürgergeld Auszahlungstermine
Hartz IV ist weg
Dass man die Jobcenter damit an die Grenzen des Machbaren gebracht hat und selbst die Bundesagentur für Arbeit mahnend den Finger heben musste, spielt jetzt keine Rolle mehr. Hartz IV ist zumindest dem Namen nach weg. Und darauf kam es SPD und Grünen wohl vorrangig an: Das alte – und selbst geschaffene – System endlich ad acta legen zu können.
Wiederholung der Bürgergeld-Vorzüge
Alle weiteren Aspekte aus dem Fazit des Ministers waren letztlich Wiederholungen dessen, was zur Einführung des Bürgergelds bereits gebetsmühlenartig gepredigt worden war. Zum Beispiel:
„Mir war wichtig, dass sich das Bürgergeld stärker an der aktuellen Inflationsentwicklung orientiert“,
so Hubertus Heil. Dazu wurde ein zweiter Berechnungsschritt eingeführt.
Regelsätze decken nicht das Existenzminimum
Der Ansatz mag lobenswert sein. Nur leider wurde er nicht konsequent genug umgesetzt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt auch weiterhin vor enormen Kaufkraftverlusten bei Bürgergeldempfängern und die Sozialverbände werden nicht müde, eine ehrlich berechnete Grundsicherung zu fordern, die bei 725 Euro Bürgergeld Regelsatz plus der Übernahme der Stromkosten liegen müsste.
Größte Sozialreform seit Jahrzehnten
Darauf ging Hubertus Heil jedoch nicht ein. Stattdessen betonte er erneut:
„Das Bürgergeld ist die größte Sozialreform seit Jahrzehnten.“
Die Einführung erfolge in zwei Schritte, um die Jobcenter nicht zu überfordern. Zudem sorge man dafür, dass die Behörden von unnötiger Bürokratie befreit werden. Anträge würden „entschlackt und komplett digitalisiert“. Das sei ein wichtiger Schritt, der „vieles einfacher macht“.
Fokus Bildung
Noch einmal hervorgehoben wurde auch der neue Fokus auf die Themen Qualifizierung und Ausbildung. Damit sollen Menschen langfristig in Arbeit gebracht werden. Für diese Zwecke habe man ein Weiterbildungsgeld eingeführt und leiste damit einen wichtigen Beitrag zur Arbeits- und Fachkräftesicherung.
Oder anders ausgedrückt: Das war keine Bilanz, sondern eine Zusammenfassung dessen, was alle schon wissen (und vielleicht gar nicht mehr hören wollen).
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