Erwerbsminderungsrente und Grundsicherung bei Erwerbsminderung sind finanzielle Hilfen für Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr (voll) arbeiten können. Obwohl beide Leistungen ähnlich klingen, unterscheiden sie sich in ihren Voraussetzungen, Trägern und Berechnungsgrundlagen. Dieser Artikel erläutert die Unterschiede.
Erwerbsminderungsrente: Voraussetzungen und Beantragung
Die Erwerbsminderungsrente ist eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung für Personen, die aufgrund gesundheitlicher Probleme wie Krankheit oder Unfall nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten können. Anspruchsberechtigt sind Personen, die mindestens fünf Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge geleistet haben.
Die Erwerbsminderungsrente wird von der Deutschen Rentenversicherung erbracht, nachdem diese eine Erwerbsminderung festgestellt hat. Dabei wird zwischen zwei Stufen unterschieden: volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn Antragsteller in absehbarer Zeit weniger als drei Stunden täglich arbeiten können, teilweise erwerbsgemindert sind Menschen, die in der Lage sind, zwischen drei und sechs Stunden täglich zu arbeiten
Grundsicherung bei Erwerbsminderung: Voraussetzungen und Beantragung
Die Grundsicherung bei Erwerbsminderung ist als Teil der Sozialhilfe nach SGB XII eine steuerfinanzierte Sozialleistung für Personen, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind und die Altersgrenze für die Regelaltersrente noch nicht erreicht haben. Sie richtet sich an Menschen, deren Einkommen und Vermögen nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt zu sichern, und die keinen oder nur einen geringen Rentenanspruch haben. Im Gegensatz zum Bürgergeld, das die Erwerbsfähigkeit voraussetzt, zielt die Grundsicherung darauf ab, die Existenz von Personen zu sichern, die weniger als drei Stunden täglich arbeiten können. Diese Einschränkung muss durch eine ärztliche Begutachtung bestätigt werden. Die Beantragung der Grundsicherung erfolgt beim Sozialamt der jeweiligen Kommune.
Unterschied zwischen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit
Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit werden oft in einen Topf geworfen, unterscheiden sich aber grundlegend. Erwerbsminderung bedeutet, dass eine Person aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ihre Arbeitsfähigkeit ganz oder teilweise verloren hat, unabhängig von ihrem Beruf. Berufsunfähigkeit hingegen bezieht sich speziell darauf, dass eine Person ihren erlernten oder zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben kann, aber möglicherweise noch in anderen Tätigkeiten arbeitsfähig ist. Während die Erwerbsminderung die allgemeine Arbeitsfähigkeit betrifft, konzentriert sich die Berufsunfähigkeit auf den spezifischen Beruf der Person.
Höhe der Leistungen
Die Höhe der Erwerbsminderungsrente hängt von den Beiträgen ab, die eine Person während ihres Erwerbslebens in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, sowie von der gesamten Dauer der Versicherung. Grundsätzlich gilt: Je länger und je mehr Beiträge gezahlt wurden, desto höher fällt die Rente aus. Die Berechnung erfolgt auf Basis des gesamten bisherigen Einkommens, das in sogenannte Entgeltpunkte umgerechnet wird. Diese Entgeltpunkte werden dann in eine Rentenformel eingesetzt, um die Rentenhöhe zu bestimmen. Die durchschnittliche Rente wegen voller Erwerbsminderung beträgt etwa ein Drittel des Bruttoeinkommens und lag im Jahr 2022 bei ca. 950 Euro pro Monat vor Steuern – neuere Erhebungen liegen noch nicht vor. Die teilweise Erwerbsminderungsrente kommt etwa auf die Hälfte. Quelle: Rentenversicherung Statistik
Die Grundsicherung bei Erwerbsminderung orientiert sich an den Regelsätzen der Sozialhilfe, die im Jahr 2024 für alleinstehende Erwachsene bei 563 Euro monatlich liegt, zuzüglich angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung. Die genaue Höhe der Grundsicherung bei Erwerbsminderung hängt vom individuellen Bedarf und den Wohnkosten ab. Für die Berechnung kann man die Zahlen des Bürgergelds heranziehen, dabei ergibt sich ein Betrag von über 1.000 Euro im Monat für alleinstehende Bedürftige.
Dauer der Zahlungen
Die Erwerbsminderungsrente wird in der Regel zunächst befristet auf drei Jahre gewährt. Bei weiterhin bestehender Erwerbsminderung kann die Rente verlängert werden. Eine unbefristete Rente wird nur in Ausnahmefällen gewährt. Die EM-Rente wird bis zum Erreichen des regulären Rentenalters gezahlt und geht dann in die Regelaltersrente über.
Die Grundsicherung bei Erwerbsminderung wird für einen Zeitraum von zwölf Monaten bewilligt und muss danach erneut beantragt werden. Solange die Voraussetzungen bestehen, kann die Grundsicherung jährlich verlängert werden. Die Grundsicherung wird bis zum Erreichen des Regelalters gezahlt, ab dann erfolgt die Umstellung auf Grundsicherung im Alter.
Möglicher Hinzuverdienst
Für die Erwerbsminderungsrente gibt es festgelegte Hinzuverdienstgrenzen. Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung liegt diese bei 37.117,50 Euro jährlich und bei voller Erwerbsminderung ist ein Hinzuverdienst von bis zu 18.558,75 Euro anrechnungsfrei. Überschreitet der Hinzuverdienst diese Grenze, wird die EM-Rente entsprechend gekürzt. Mehr dazu unter EM-Rente und Hinzuverdienst – was ist erlaubt?
Im Gegensatz zur Erwerbsminderungsrente ist die Grundsicherung bei Erwerbsminderung keine Versicherungsleistung und soll nur die nötigsten Lebenhaltungskosten decken. Entsprechend fällt der mögliche Hinzuverdienst erheblich niedriger aus. Vom Einkommen können einige Pauschalen abgezogen werden, der Rest kürzt die Grundsicherung.
EM-Rente mit Bürgergeld kombinieren
Eine Kombination aus Erwerbsminderungsrente und Bürgergeld kommt nur bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung infrage. Für das Bürgergeld als Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II ist die Erwerbsfähigkeit zentrale Anspruchsvoraussetzung. Antragsteller müssen generell in der Lage sein, mindestens drei Stunden täglich arbeiten zu können, was bei bescheinigter voller Erwerbsminderung regelmäßig nicht der Fall ist.
EM-Rente mit Sozialhilfe aufstocken
Es ist möglich, gleichzeitig eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) und Sozialhilfe (Grundsicherung bei Erwerbsminderung) zu beziehen. Wenn die EM-Rente nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu sichern, kann die Grundsicherung als ergänzende Leistung beantragt werden. Dabei wird die EM-Rente als Einkommen angerechnet und die Grundsicherung stockt den fehlenden Betrag bis zum Existenzminimum auf. Dies gewährleistet, dass der Lebensunterhalt trotz einer niedrigen EM-Rente gedeckt ist.
EM-Rente oder Grundsicherung bei Erwerbsminderung
Grundsätzlich gibt es keine Wahlmöglichkeit zwischen Erwerbsminderungsrente und der Grundsicherung bei Erwerbsminderung, da beide Leistungen auf unterschiedlichen Voraussetzungen basieren. Wenn die Voraussetzungen für die EM-Rente erfüllt sind, wird diese vorrangig gewährt. Sollte die EM-Rente nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt zu decken, kann zusätzlich Sozialhilfe mit der Grundsicherung bei Erwerbsminderung beantragt werden. Beide Leistungen sind somit kombinierbar, um die finanzielle Absicherung sicherzustellen.
Quellen: bmas.de, deutsche-rentenversicherung.de
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