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Existenzgefährdende Unterdeckung bei Hartz IV Leistungen?

Junge Frau vor leerem Kühlschrank

Finanzielle Sorgen gehören für viele Familien inzwischen zum Alltag – nicht nur im Zusammenhang mit Hartz IV. Lebensmittel, Strom: Alles wird teurer. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Da ist die Frage erlaubt, ob mit dem aktuellen Hartz IV Regelsatz die Existenz gesichert oder doch eher gefährdet ist. Laut Sozialgericht Oldenburg war im Januar alles im grünen Bereich. Das dürfte inzwischen nicht mehr der Fall sein.

Hartz IV Fortschreibung ist rechtens

Seit 2022 erhalten Hartz IV Bedürftige Singles 3 Euro mehr pro Monat, aus 446 wurden 449 Euro. Das ist eine Anpassung um weniger als einen Prozentpunkt. Dagegen wollte sich eine fünfköpfige Familie aus Delmenhorst wehren. Sie scheiterte jedoch vor dem Sozialgericht Oldenburg (Az.: S 43 AS 1/22 ER, Urteil vom 17. Januar 2022).

Anpassung entsprechend der Inflation gefordert

Die Familie stufte die Hartz IV Erhöhung als verfassungswidrig ein. Sie sei nicht mehr in der Lage, die gestiegenen Lebenshaltungskosten mit den Leistungen des Jobcenters zu decken. Die Regelsätze müssten daher unter Berücksichtigung der Inflation um 5 Prozent angepasst werden.

Regelsätze sind ausreichend

Das lehnte die 43. Kammer des Sozialgerichts Oldenburg ab. Sie erklärte, dass die Regelsätze entsprechend des SGB II ordnungsgemäß angepasst worden seien. Der Gestaltungs- und Bewertungsspielraum des Gesetzgebers unterliege nur beschränkt einer materiellen Kontrolle, ob die Leistungen evident unzureichend seien.

Keine Bedarfsunterdeckung

Im Januar sahen die Richter diesbezüglich kein Problem. Auch nicht hinsichtlich einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 23. Juli 2014, 1 BvL 10/12), in der es in der Urteilsbegründung (Rz. 144) lautet:

»Ergibt sich eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter, muss der Gesetzgeber zeitnah darauf reagieren. So muss die Entwicklung der Preise für Haushaltsstrom berücksichtigt werden (oben C II 2 e bb). Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.«

Zum einen, so das Sozialgericht, stehe nicht fest, ob es Sonderzahlungen gebe. Zum anderen lasse die Inflationsrate der letzten sechs Monate (gemeint ist das zweite Halbjahr 2021) mit 3,9 Prozent nicht auf eine Bedarfsunterdeckung schließen.

200 Euro Einmalzahlung

Mit der Sonderzahlung behielt das Gericht recht. Hartz IV Bedürftige erhalten im kommenden Monat aus dem Entlastungspaket 2022 eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro. Damit sollen die gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel gedeckt werden.

Sonderzahlung reicht nicht aus

Diese Sonderzahlung deckt aktuell aber nicht einmal die Mehrkosten durch die Inflation im Bereich Lebensmittel. Hinzu kommt, dass die Preissteigerung inzwischen deutlich höher ist als zum Zeitpunkt des Urteils in Oldenburg. Für Mai steht laut Statistischem Bundesamt ein Wert von 7,9 Prozent zu Buche. Nur bezogen auf Nahrungsmittel sind es 11,1 Prozent.

200 Euro Hartz-IV Bonus deckt Inflation bei Lebensmitteln nicht

Stromkosten explodieren

Noch deutlicher ist der Preissprung im Bereich Energie (Haushaltsenergie und Kraftstoffe) mit 38,3 Prozent. Für Hartz IV Bedürftige ist hier in erster Linie das Thema Strom relevant, da die Kosten vom Regelsatz bezahlt werden müssen. Hier stehen zahlreiche Strom-Preissteigerungen ins Haus. Laut strom-report.de planen allein im Juni 130 Versorger, die Preise anzuheben, um fast 18 Prozent.

Wenn Hartz IV nicht für Heizung und Strom reicht

Gravierende Mängel

Nimmt man jetzt die 200 Euro Einmalzahlung – quasi ein Tropfen auf den heißen Stein – auf der einen Seite und die galoppierende Inflation auf der anderen Seite, ist die Frage erlaubt: Liegt inzwischen eine existenzgefährdende Unterdeckung vor?

Glaubt man den Sozialverbänden, die bei Hartz IV schon seit Jahren gravierende Mängel monieren, und den Schilderungen im Rahmen der Aktion #IchBinArmutsbetroffen dürfte die Antwort „ja“ lauten. Besser wird es wohl auch mit dem Bürgergeld nicht, bei dem ein Plus von 50 Euro im Raum steht.

Bild: BearFotos/ shutterstock.com

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