Junge Menschen, die sich engagieren wollen und für den schweren Beruf des Lehrers entschieden haben, werden von der Politik ins Bürgergeld getrieben – zumindest für eine kurze Zeit. Auf der anderen Seite herrscht Lehrermangel und investiert die Regierung Millionen in die Suche nach Fachkräften. Finde den Fehler. Kleiner Tipp: Er versteckt sich im System, und das schon seit Jahren.
Über die Ferien arbeitslos
Die Tagesschau berichtete aktuell über einen solchen Fall aus Baden-Württemberg. Er steht exemplarisch für bis zu 5.000 Betroffene allein in diesem Bundesland. Es geht um Referendare, also angehende Lehrer. Deren Vertrag endet pünktlich mit dem Schuljahr. Über die Ferien werden sie nicht mehr bezahlt und damit regelrecht ins Bürgergeld getrieben. Anspruch auf Arbeitslosengeld I besteht nicht. Warum? Weil die meisten nicht lange genug beschäftigt und für die Zeit des Referendariats verbeamtet waren – und somit keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung geleistet haben.
Rückfall aufs Existenzminimum
Dadurch falle man wieder auf das Existenzminimum zurück, so Referendar David Hanke. Und weil es eine Weile dauere, ehe das Bürgergeld auch tatsächlich auf dem Konto ist, muss man sehen, wie man über die Runde komme. Denn sparen sei mit dem Gehalt nicht möglich. Wer Glück hat, werde von der Familie oder Freunden unterstützt.
Gewerkschaft fordert durchgängige Bezahlung
Dabei ist es unerheblich, ob man nach den eineinhalb Jahren Vorbereitungsdienst eine feste Stelle im neuen Schuljahr hat. Die Zeit der Ferien, fast sechs Wochen, muss ein Antrag auf Bürgergeld gestellt werden – früher Hartz IV. Ein Beispiel dazu findet sich auch auf der Internetseite der Gewerkschaft Bildung und Wissenschaft (GEW), die schon seit Jahren fordert, dass auch die Ferien bezahlt werden. Schließlich müsse man sich in dieser Zeit auf den kommenden Unterricht vorbereiten.
Ein Problem in mehreren Bundesländern
Das Problem besteht nicht in allen Bundesländern. Betroffen sind Referendare in unter anderem in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Frisch gebackene Lehrer würden zunächst in die Arbeitslosigkeit geschickt, ärgert sich der Bundesvorstand der GEW:
„Wertschätzung sieht anders aus.“
Vor allem vor dem Hintergrund des Lehrermangels und der laufenden Werbekampagnen, um neue Lehrer zu gewinnen.
Es warte ein hohes Gehalt
Das Kultusministerium in Baden-Württemberg sieht hinsichtlich der Kampagnen keinen Widerspruch darin, dass Referendare Bürgergeld beantragen müssen. Schließlich hätten sie nach den Sommerferien eine lebenslange Jobgarantie, ein attraktives Gehalt – also ein hervorragendes Angebot. Bis dahin müssen allerdings – so David Hanke – rund 120 Dokumente ausgefüllt und eingereicht werden, unter anderem der Antrag auf Bürgergeld.
Sinnfreie Maßnahme
Welches Signal sendet man, wenn man junge Menschen erst einmal fallen lässt wie eine heiße Kartoffel? Ganz zu schweigen davon, dass diese Taktik den ohnehin völlig überlasteten Jobcenter zusätzliche Arbeit beschert. Und das, um jeweils eineinhalb Monate Referendars-Gehalt zu sparen, das auf der anderen Seite in Kampagnen investiert und als Bürgergeld ausgezahlt wird.
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