Der Streit war vorprogrammiert. Und er wird – wieder einmal – auf dem Rücken der Ärmsten ausgetragen. SPD und FDP scheinen nicht willens zu sein, sich beim geplanten Bürgergeld auch nur minimal entgegenzukommen. Nachdem Bundesarbeitsminister Heil (SPD) ein deutliches höheres Hartz IV und eine Neuberechnung der Grundsicherung versprochen hatte, kontert die FDP, dass dies nicht im Koalitionsvertrag vereinbart sei. Kurzum: Mit der FDP gibt es keine neue Grundlage für das Bürgergeld.
Zehn Prozent mehr Hartz IV
Bereits Ende Mai hatte Hubertus Heil sich zum Bürgergeld und einer Anpassung um 40 bis 50 Euro pro Monat für einen Single – etwa zehn Prozent mehr – geäußert. Auch den Umstand, dass Hartz IV zu bürokratisch ist, hatte der Bundesarbeitsminister kritisiert. Schon da kam heftig Gegenwind von der FDP.
Neuer Hartz IV Mechanismus
Mit der neuerlichen Aussage, dass Menschen in Not verlässlich abgesichert werden müssen und dass der aktuelle Hartz IV Mechanismus zu sehr der aktuellen Preisentwicklung hinterherhinke, goss Heil wieder Öl ins Feuer. Gleich zwei FDP-Politiker erinnerten den Bundesarbeitsminister an den Koalitionsvertrag.
Keine Neuberechnung der Regelsätze
Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, mahnte:
„Es gilt für alle in der Koalition, dass sie sich an die Ziele im Koalitionsvertrag halten sollten.“
Dort sei keine Rede davon, dass die Berechnung der Hartz IV Regelsätze verändert werden soll.
Verstoß gegen den Koalitionsvertrag
Hubertus Heil verstoße gegen diese Vereinbarung. Der Vertrag sehe vor, Hartz IV Bedürftigen „mehr von ihrem selbst verdienten Geld zu belassen“. Zudem gelte es, Langzeitarbeitslose nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu vermitteln. Das dürfte jedoch schwer werden, wenn die entsprechenden Mittel – so die Ankündigung von FDP-Chef Christian Lindner – massiv gekürzt werden sollen.
Hinzuverdienstregeln überarbeiten
Ins gleiche Horn wie Pascal Kober stieß auch der Bürgergeld-Experte der FDP, Jens Teutrine.
„Statt eine Debatte über Berechnungsmethoden zu führen, sollte Bundesminister Heil sich beispielsweise für eine schnelle Erhöhung der Freibeträge bei den Hinzuverdienstregeln einsetzen“,
betont er.
Die Standpunkte der Grünen
Die Grünen sind für eine Anpassung der Hartz IV Regelsätze, haben diesbezüglich aber keinen einheitlichen Plan. Fraktionsvize Andreas Audretsch wünscht sich einen dauerhaften Puffer. Für die Vorsitzende der Partei, Ricarda Lang, wären 50 Euro mehr Grundsicherung angemessen.
Wirtschaftsweise Truger: höhere Regelsätze nötig
Vielleicht lässt sich die FDP ja umstimmen. Schließlich gilt sie als wirtschaftsnah und sollte daher doch dem Rate eines Wirtschaftsweisen folgen. Denn Achim Truger, seines Zeichens Wirtschaftsweise, begrüßt die Pläne von Hubertus Heil.
Seine Meinung:
„Die Erhöhung der Regelsätze und die zukünftig schnellere Anpassung an Preisänderungen sind sinnvoll.“
Das wäre ein längst überfälliger Schritt zur Armutsbekämpfung. Darüber hinaus bedürfe es einer zielgenauen Entlastung der ärmsten Haushalte.
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