Mehr Geld für die einen, weniger Steuern für die anderen. Klingt fair. Doch der Vorstoß der FDP, Arbeiter und Angestellte nach der Bürgergeld-Anpassung mit einer Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrages zu entlasten, mündet rein rechtlich in einem Teufelskreis. Denn sowohl das Bürgergeld als auch der Grundfreibetrag sollen zumindest theoretisch dem Existenzminimum entsprechen – und sind damit enger miteinander verknüpft, als vielen lieb sein kann.
Entlastung für Arbeitnehmer
Das Murren der FDP angesichts der Bürgergeld-Regelsätze und der Anpassung zum kommenden Jahr war nicht zu überhören. Des lieben Friedens in der Ampel Willen hat man die Kröte geschluckt. Dafür werden jetzt Forderungen gestellt, dass auch diejenigen, die den „Sozialstaat überhaupt erst am Laufen halten“, von der Politik profitieren sollen.
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Steuerlichen Grundfreibetrag anheben
Dazu hat FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai klare Vorstellungen: In den nächsten Jahren soll der steuerliche Grundfreibetrag angehoben werden.
„Berufstätige dürfen nicht immer nur zur Finanzierung höherer Sozialleistungen zur Kasse gebeten werden. Auch die Mitte unserer Gesellschaft muss steuerlich entlastet werden“,
erklärte er. Eine konkrete Zahl hat er nicht in die Waagschale gelegt. Bedacht werden muss dabei, dass der Grundfreibetrag ohnehin regelmäßig angepasst wird.
Basis: Existenzminimumbericht
Die Basis für den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag bei der Steuer bildet das statistisch berechnete Existenzminimum. Es soll unter anderem Menschen, die auf das Bürgergeld und damit Grundsicherung für Arbeitssuchende angewiesen sind, das Notwendigste zum Leben garantieren. Dafür wird von der Bundesregierung im Turnus von zwei Jahren ein Existenzminimumbericht erstellt. Ausgehend davon werden auch die steuerlichen Freibeträge erhöht – so wie in diesem Jahr und laut Planung auch für 2024.
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1,9 Milliarden Euro Entlastung denkbar
In Zahlen: 2022 standen als steuerlicher Grundfreibetrag 10.347 Euro zu Buche, für dieses Jahr sind es 10.908 Euro. Dass ein größerer Schritt nötig sei, hatte zuletzt auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) betont. Die mögliche zusätzliche Entlastung könnte dann rund 1,9 Milliarden Euro betragen, um Arbeitnehmer zu unterstützen.
Ist das der richtige Weg?
Entlastungen sind wichtig und richtig. Ob der Grundfreibetrag dabei die richtige Stellschraube ist, bleibt allerdings fraglich. Ende 2022 schrieb das Handelsblatt „Bürgergeld macht Grundfreibetrag verfassungswidrig“.
Warum? Das Bundesverfassungsgericht hatte 1992 (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 25. September 1992 – 2 BvL 5/91 -, Rn. 1-97) entschieden, dass das einkommensteuerliche Existenzminimum dem im Sozialhilferecht anerkannten Mindestbedarf entsprechen muss.
Ein drohender Teufelskreis
Weil die Grundsicherung mit dem Bürgergeld 2023 um 636 Euro im Jahr angehoben wurde (entspricht 53 Euro im Monat, von 449 auf 502 Euro bei einem Single) und der Grundfreibetrag nur um 561 Euro – also 75 Euro weniger – hat man seinerzeit schon das Bundesverfassungsgericht missachtet. Und das zulasten der Arbeitnehmer. Jetzt den Freibetrag deutlich anzuheben, müsste gleichzeitig eine erneute Anpassung des Bürgergelds nach sich ziehen – der FDP-Vorschlag mündet also in einem Teufelskreis.
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