Wer Bürgergeld beantragt, muss sich „nackig“ machen. Das gilt später auch für einen Weiterbewilligungsantrag. Bleiben Betroffene die vom Jobcenter geforderten Informationen schuldig oder liefern nur bruchstückhafte Daten, wird es zappenduster. Dann dürfen sämtliche Leistungen, auch für Kinder, eingestellt werden. Solange sich die Behörde dabei an geltendes Recht hält, ist dieses Vorgehen zulässig – bestätigte jetzt das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen L 13 AS 1449/22 vom 24. September 2024).
Lesetipp: Jobcenter darf beim Bürgergeld Antrag keine unnötigen Nachweise fordern
Erstantrag war erfolgreich
Die Klage auf den Weg gebracht hatte ein inzwischen 66-jähriger Mann, der in einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner heute 18-jährigen Tochter lebte. Für die Zeit von Oktober bis Ende Dezember 2020 hatte das Jobcenter dem Antragsteller Bürgergeld gezahlt. Ein Weiterbewilligungsantrag vom 4. Januar 2021 blieb trotz Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (Aktenzeichen: S 12 AS 1625/21) erfolglos.
Fehlende Informationen
Soweit die Vorgeschichte zum aktuellen Fall. Dabei ist die Tatsache, dass der Bürgergeld Bedürftige bereits 2020 Leistungen bezog, von Relevanz. Denn der Betroffene berief sich im Laufe des Verfahrens darauf, dass er seinerzeit bereits alle nötigen Informationen zur Hilfebedürftigkeit vorgelegt hätte. Deshalb füllte er bei einem erneuten Antrag auf Bürgergeld vom 23. Juli 2021 nur die persönlichen Daten und den Hinweis aus, dass eine weitere Person in der Unterkunft lebt.
Daraufhin forderte das Jobcenter die fehlenden Unterlagen nach – etwa die Anlagen zum Einkommen oder den Kosten der Unterkunft. Dabei verwies das Jobcenter auf §60 SGB I. Darin heißt es: „Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erforderlich sind.“ Ebenso machte die Behörde darauf aufmerksam, dass anderenfalls die Geldleistungen versagt werden.
Antragsteller reagiert nur „rudimentär“
Der Mann reagierte nur rudimentär, auch auf ein Erinnerungsschreiben. Daraufhin wurde die Gewährung von Leistungen ab dem 1. Juli 2021 mit Bescheid vom 17. September 2021 versagt. Begründet wurde der Schritt damit, dass der Bürgergeld Bedürftige seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei und die Anspruchsvoraussetzungen nicht geprüft werden konnten.
Der Mann legte erfolglos Widerspruch ein, weil zu viele Unterlagen von ihm verlangt worden seien. Danach zog er vor das Sozialgericht Mannheim (Aktenzeichen S 12 AS 2953/21 vom 30. März 2022). Die Klage wurde jedoch abgewiesen. Unter anderem mit dem Hinweis, dass der Bürgergeld Bedürftige durch seine Untätigkeit dazu beigetragen habe, Zweifel an seiner Hilfebedürftigkeit zu nähren. Es folgte die Berufung vor dem Landessozialgericht.
Lesetipp: Jobcenter spielt bewusst mit Unwissenheit der Antragsteller
Klage war unzulässig
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg bestätige zwar, dass die Klage zu Unrecht abgewiesen worden war. Allerdings machte das LSG auch deutlich, dass die Klage unzulässig gewesen sei, weil der Mann lediglich darauf verwiesen habe, dass er Leistungen benötige, um die Beitragsrückstände bei der Krankenkasse und den Rundfunkgebühren auszugleichen. Andere Anspruchsvoraussetzungen für seine Hilfebedürftigkeit habe er nicht vorgelegt. Der Hinweis, bereits 2020 Leistungen erhalten zu haben, „genügt insoweit nicht“.
Mitwirkungspflichten verletzt
Auf den Punkt: In der Sache änderte sich für Bürgergeld Bedürftigen nichts. Sein Hinweis, ihm seien bereits Leistungen bewilligt worden und er habe mit dem Erstantrag alle Unterlagen vorgelegt, reichte nicht. Auch den Vorwurf, man versuche, ihn einzuschüchtern, ließen die Richter außen vor. Aus Sicht des Landessozialgerichts hat das Jobcenter rechtlich korrekt gehandelt. Es habe den Antragsteller mehrmals auf die Folgen der fehlenden Mitwirkung hingewiesen. Der Mann sei seinen Pflichten trotzdem nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.
Titelbild: Dusan Petkovic / shutterstock