Wird es künftig die Gratis-Pille für Empfängerinnen von Hartz IV Leistungen geben? Über einen solchen Vorschlag für Neumünster berichtet der „SHZ“, bei dem die Stadt die Kosten für Verhütungsmittel auf Rezept von Hartz IV Empfängerinnen übernehmen soll. Debattiert wird das Thema im Haupt, Sozial- und Finanzausschuss der Stadt. Außerplanmäßig sollen im kommenden Jahr 14.000 Euro aus dem Haushalt locker gemacht werden, ab 2017 dann 25.000 Euro.
Der Vorstoß basiert auf Erfahrungen von Fachleuten aus den Beratungsstellen Pro Familia/ AWO, Sozialdienst katholischer Frauen und Donum Vitae, die festgestellt haben, dass gerade Frauen ungewollt schwanger werden, die nicht genügend finanzielle Mittel für wirksame Verhütungsmittel zur Verfügung haben oder das Geld anderweitig ausgeben. Derzeit sind die Kosten für solche aus dem Hartz IV Regelsatz zu bestreiten. Ausgehend vom Eck-Regelsatz von aktuell 399 Euro monatlich, wären hier 17,16 Euro für Gesundheitspflege vorgesehen.
Nicol Barabas vom Sozialdienst katholischer Frauen sieht hier Handlungsbedarf beim Gesetzgeber, der den Regelsatz im Hinblick auf Verhütungsmittel anpassen müsse. Ihrer Auffassung nach gehört die Familienplanung zur Entscheidungsfreiheit von Paaren und damit auch über den Einsatz von Verhütungsmitteln.
„Die Entscheidung, ob und wann man schwanger wird, ist ein Menschenrecht“, so Ute Kringel von Pro Familia/ AWO gegenüber der Zeitung. Sie stellte fest, dass arme Menschen gerade zuerst bei Lebensmitteln und bei der Verhütung sparen. Daher begrüßt sie eine mögliche lokale Lösung wie jetzt in Neumünster geplant, so lange es keine bundeseinheitliche, gesetzliche Regelung gäbe. Dabei beruft sie sich auf die guten Erfahrungen aus Flensburg. Hier übernimmt die Stadt schon bereits seit 2008 bei Sozialleistungsempfängern (z.B. Hartz IV, Wohngeld) die Kosten für Verhütungsmittel, was von den Bürgern begrüßt würde.
Neumünster will sich bei den Sätzen für die freiwilligen Leistungen am Flensburger Modell orientieren. So sollen Frauen in Beratungszentren bei ärztlich verschriebenen Verhütungsmitteln einen Antrag auf Übernahme stellen, so dass die Kosten direkt mit dem Arzt oder der Apotheke abgerechnet werden. Übernahmefähig sind neben der Pille auch eine Spirale, Drei-Monats-Spritze, Verhütungsstäbchen und sogar eine Sterilisation – Kondome allerdings nicht.
[box „info“] Für Minderjährige ist die Pille kostenfrei auf Rezept. Für unter 20-Jährige können Rezeptgebühren in Höhe von fünf Euro anfallen und ab 20 Jahren müssen die Kosten – sofern nicht medizinisch begründet – vollständig selbst getragen werden, so die Informationen auf der Seite von „pro familia“. [/box]