Was denn nun? In der Vergangenheit hat der Bundesvorstand der Grünen immer wieder betont, dass 50 Euro mehr Hartz IV beim künftigen Bürgergeld ausreichen und gut seien. Jetzt hat man plötzlich doch Zweifel. Zahlen oder gar Fakten hat man während der Bundesdelegiertenkonferenz nicht auf den Tisch gelegt. Wohl aber den Wunsch, dass der Regelsatz „perspektivisch“ weiter steigen soll.
Jugend forderte 200 Euro mehr
Bevor der erste Gesetzentwurf für das Bürgergeld vorlag und auch schon vor den Wahlen (und der extrem hohen Inflation) hatten die Grünen 50 Euro als Markstein gesetzt. Dass die Grüne Jugend 200 Euro gefordert hatte, wurde zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht weiter beachtet. Auch jetzt hat man sich einfach treiben lassen und die Idee von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) abgenickt.
Regelsatz offenbar Tabu-Thema
Über konkrete Zahlen und eine faire Berechnung schweigen die Grünen offenbar lieber. Beispiel: Während der ersten Lesung zum Bürgergeld-Entwurf im Bundestag verlor Beate Müller-Gemmeke von den Grünen kein Wort über die Höhe des Regelsatzes. Dabei war gerade dieser Aspekt im Vorfeld heftig diskutiert und von vielen Seiten kritisiert worden. Stattdessen betonte sie:
„Es ist gut, dass wir Hartz IV endlich überwinden.“
Hartz IV wird mit dem Bürgergeld nicht überwunden
Antrag zur Regelsatzberechnung zurückgezogen
Dass man die Koalitionspartner nicht verärgern möchte, beweist auch, dass ein Antrag (vom 02.09.2022), der zur Bundesdelegiertenkonferenz vorlag (I-04: Für das Bürgergeld: Deutliche Erhöhung und neue Regelsatzberechnung jetzt!), wieder zurückgezogen wurde. Anders ausgedrückt: Es wurde nicht großartig über die Hartz IV Nachfolge gesprochen.
Grundsicherung ist falsch aufgestellt
Im Antrag selbst hieß es:
„Die Berechnung der Regelsätze für die bisherige Grundsicherung ist grundsätzlich falsch aufgestellt. Sie geht an der Lebenswirklichkeit der Bürger*innen vorbei.“
Menschen in Hartz IV würden von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen – mit allen negativen Folgen.
Bürgergeld Regelsatz ab 2023
Aktuell beträgt der Regelsatz für eine alleinstehende, erwachsene Person 449 Euro. Beim Bürgergeld ab 01.01.2023 soll dieser 502 Euro betragen.
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Vorstand möchte armutsfeste Grundsicherung
Im Antrag des Bundesvorstands klingt das jetzt so:
„Für uns ist klar: Das Bürgergeld muss perspektivisch noch weiter steigen, und eine bedarfsgerechte und inflationsfeste Neuberechnung der Regelsätze muss kommen.“
Die aktuell geplante Anpassung sei lediglich ein erster Schritt. Das Ziel: eine „armutsfeste Grundsicherung“.
Kein Mut für Veränderung
Jetzt stellt sich die Frage: Wenn den Grünen bewusst ist, dass der Regelsatz zu niedrig bemessen ist, warum haben sie die Zweifel nicht schon eher geäußert und in die Gesetzgebung einfließen lassen? Von einer „perspektivischen“ Erhöhung wird niemand satt und kann auch niemand seine Stromrechnung bezahlen.