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Gutschein statt echter Hilfe für Bürgergeld-Familie

Frustrierte Frau aufgrund Bürgergeld Gutschein für Sachleistungen abgelaufen

Hilfe sieht anders aus. Statt eine Familie, die dringend eine neue Waschmaschine benötigt, zu unterstützen, drückt das Jobcenter einer Mutter mit zwei Kindern einen Gutschein in die Hand. Pech, wenn der Beleg nicht eingelöst werden kann, weil gerade kein Gerät vorhanden ist. Jetzt muss die Bürgergeld-Empfängerin sehen, wo sie mit ihrer Wäsche bleibt. Trotzdem werden bereits zehn Prozent des Regelsatzes einbehalten.

Bitte um Darlehen für eine Waschmaschine

Wenn die Waschmaschine den Geist aufgibt, ist das ärgerlich. Die meisten Haushalte gehen dann in den Fachhandel oder einen Elektromarkt und kaufen eine neue. Für Bürgergeld-Empfänger, deren Ersparnisse längst aufgebraucht sind, ist das nicht ganz so leicht. Auch ein Kredit von der Bank ist für Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, „unerreichbar“.

Gutschein ist nur einen Monat gültig

Deshalb hatte eine Mutter mit zwei Kindern beim Jobcenter um ein Darlehen für eine Waschmaschine gebeten. Doch statt Geld zu überweisen, vergibt das Amt einen zeitlich und örtlich begrenzt gültigen Gutschein. Eingelöst werden darf er im Sozialkaufhaus vor Ort – und das einen Monat lang. Was aber, wenn das Sozialkaufhaus gerade keine Waschmaschine hat? Dann ist der Gutschein nicht einmal das Papier wert, auf dem er gedruckt wurde.

Dabei handelt es sich nach dem Gesetzeswortlaut um die Abweichende Erbringung von Leistungen nach § 24 SGB II, hier heißt es im Absatz 1:

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

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Wo bleibt der Respekt?

„Fazit: S. Und ihre zwei Kinder sind schon mehrere Wochen ohne Maschine“,

schreibt die Gründerin des Vereins Sanktionsfrei, Helena Steinhaus, auf Twitter. Sie macht auf den Fall aufmerksam und fragt sich, ob das der neue Respekt sei, der mit dem Bürgergeld versprochen wurde.

Hart an der Realität vorbei

Gutscheine gingen hart an der Realität vorbei. Es sei für Bürgergeld-Betroffene äußerst unangenehm, ein solches Papier vorzulegen. Wenn der Gutschein, dann auch noch zeitlich begrenzt sei, frage man sich: „Echt, was soll das?“ Stattdessen hätte man einfach den Betrag überweisen können, zumal es sich um ein Darlehen handle.

Kein Einzelfall

Dass es kein Einzelfall ist, belegen die Kommentare zu dem Fall. Bei anderen wurde die Bitte um ein Darlehen mit Verweis auf die Möglichkeit des Ratenkaufs verweigert. Problem: Bürgergeld-Empfänger gelten nicht unbedingt als kreditwürdig. Wenn dann noch ein negatives Schufa-Merkmal hinzukommt, steht man ganz dumm da. Anderen bewilligt man als Erstausstattung lediglich ein Bett, einen Kühlschrank und einen Kinderwagen – aber keine Waschmaschine, keine Töpfe oder Tassen.

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Datenschutzbedenken

Vor allem aber: Gutscheine auszugeben, stigmatisiere Betroffene noch mehr. Sich mit einem solchen Papier in einem Geschäft als Bürgergeld-Empfänger zu „outen“, fällt niemandem leicht. Da stellt sich dann auch die Frage nach dem Datenschutz, der sonst so hochgehalten wird.

Bild: Marcos Mesa Sam Wordley/ shutterstock.com