Es klingt schon fast zu schön um wahr zu sein, doch ein Berliner Start-Up macht es möglich: Bedingungslose Grundeinkommen statt Hartz IV. Der Gründer Michael Bohmeyer hat in einem Interview erklärt, wie man das Einkommen erhält und welche Vorteile er für Betroffene darin sieht.
1.000 Euro monatlich als bedingungsloses Einkommen
Mit seinem gemeinnützigen Verein „Mein Grundeinkommen e.V.“ verlost Michael Bohmeyer jeden Monat Geld an zufällig ausgewählte Menschen. Die glücklichen Gewinner verfügen dann ein Jahr lang über 1.000 Euro monatlich, ohne dass sie dafür eine Gegenleistung erbringen müssten. Mit einer einfachen Online-Registrierung kann jeder an den monatlichen Verlosungen teilnehmen. „Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn ALG II-beziehende Menschen teilnehmen“, heißt es sogar in den FAQs der Homepage.
Seit 2014 wird das Projekt über Crowdfunding finanziert, wodurch mittlerweile 300 Gewinner von Bohmeyers Idee profitieren konnten. Der Gründer des Vereins erhält selbst eine Art Grundeinkommen, da er seit seinem Ausstieg aus einem mitgegründeten IT-Unternehmen eine monatliche Gewinnbeteiligung erhält.
Nur 5 Prozent der Gewinner wechselten ihren Job
Unter den Gewinnern waren bereits Babies, Rentner, Obdachlose und Millionäre. Im Interview mit dem Magazin „Orange by Handelsblatt“ erklärt Michael Bohmeyer, dass trotz der Verschiedenheit der Gewinner, alle ähnlich mit dem geschenkten Geld umgingen. Viele hätten das Geld zu großen Teilen nicht genutzt. Diese Entwicklung sei „höchst interessant“, da es den Menschen anscheinend nicht um das Geld ginge, sondern um die Bedingungslosigkeit dahinter.
Zudem kann Bohmeyer ebenso wenig die Befürchtung bestätigen, dass die Gewinner des Grundeinkommens massenhaft ihre Jobs kündigten. Das Gegenteil war sogar der Fall: Die Menschen blieben in ihren Jobs oder arbeiteten teilweise noch mehr. Sie sind weniger gestresst, weil sie sich bewusst für die Arbeit entschieden haben. Lediglich 5 Prozent der Gewinner wechselten ihren Job.
„Das gab ihm ein komplett neues Lebensgefühl“
Die beeindruckendste Begegnung beschreibt Bohmeyer mit dem arbeitslosen Gewinner Freddy. Er war bei einem großen Konzern angestellt, seine Stelle wurde eingespart und Freddy wurde arbeitslos. Jetzt ist er 60 Jahre alt, bezog Hartz IV und musste die Demütigungen des Systems über sich ergehen lassen.
Dann gewann er das Grundeinkommen und hat als erstes Hartz IV abgemeldet. Zwar erhielt er mit dem Gewinn nicht viel mehr als zuvor mit Hartz IV aber jetzt zumindest bedingungslos. „Das gab ihm ein komplett neues Lebensgefühl“, erklärt Bohmeyer. Freddy machte sich mit einem Onlineshop selbstständig, wodurch er sich endlich wieder gebraucht fühlte.
„Die Leute kündigen nicht oder rennen davon, sondern verbessern mit dem Grundeinkommen ihren aktuellen Zustand“, resümiert der Gründer des Vereins. Um das Grundeinkommen für alle zu finanzieren, würde Bohmeyer Hartz IV sanktionsfrei machen wollen und die Leistung für jeden zu jederzeit mit einem einfachen Antrag öffnen. Höhere Steuersätze würden die Kassen füllen. Am Ende hätte so jeder Einzelne nicht viel mehr Geld zur Verfügung aber dann zumindest bedingungslos und ohne Schikanen der Jobcenter.
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