Einfach nur ignorant oder schlichtweg überfordert: Die Agentur für Arbeit in Kaiserslautern hielt es nicht für nötig, auf zwei Nachfragen des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz zu antworten. Dabei ging es um eine Klage wegen Kindergelds. Daraufhin wurde die Behörde wegen Missachtung des Gerichts gerügt und der Fall zugunsten der Klägerin entschieden (Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. November 2022, Aktenzeichen 6 K 1577/22 – noch nicht rechtskräftig).
Familienkasse forderte 1.314 Euro zurück
Der Fall: Weil die zur Agentur für Arbeit gehörende Familienkasse es nicht für nachgewiesen hielt, dass die Tochter der Klägerin wegen eines fehlenden Ausbildungsplatzes keine Berufsausbildung habe beginnen oder fortsetzen können, wurden 1.314 Euro Kindergeld zurückgefordert. Dagegen klagte die Mutter. Sie machte darauf aufmerksam, dass die Tochter sich bei der Agentur für Arbeit ausbildungssuchend gemeldet hatte.
Anfrage beim Jobcenter wurde nicht beantwortet
Genau diesen Punkt wollte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz geklärt wissen und hakte am 8. September 2022 schriftlich bei der Arbeitsagentur nach. Der Bitte um eine zeitnahe Mitteilung, ob die Tochter der Hartz IV bedürftigen Frau aus Pirmasens als ausbildungssuchend gemeldet ist, kam die Behörde jedoch nicht nach.
Das zweite Gerichtsschreiben wurde ebenfalls ignoriert
Einen Monat lang ließ sich das Finanzgericht Zeit, ehe es am 6. Oktober bei der Behördenleitung „sein Befremden über die ausgebliebene Rückantwort“ äußerte. Gleichzeit setzten die Richter eine Frist. Sie gaben der Agentur für Arbeit bis zum 28. Oktober Zeit, die Frage zu beantworten. Auch dieses Mal wartete das Gericht vergebens, obwohl das Schreiben „mittels Postzustellungsurkunde zugestellt worden war (am 8. Oktober 2022)“.
Auch die Agentur für Arbeit ist zur Auskunft verpflichtet
Weil die Agentur für Arbeit in Kaiserslautern „ohne ersichtlichen Grund“ nicht auf die beiden Anfragen des Gerichts reagierte, wurde der Klage stattgegeben. Der Grund: Auch die Agentur für Arbeit sei zur Auskunft verpflichtet. Dass die Behörde „ohne ersichtlichen Grund“ die Anfragen unbeantwortet ließ, „stelle eine grobe Missachtung des Gerichts dar, die nicht zu Lasten der Klägerin gehen könne“. Das Gericht schenkte daher den Aussagen der Hartz IV Bedürftigen Glauben.
Hartz IV Bedürftige würden härter bestraft
Das ist eine gute Entscheidung. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz lässt die Agentur für Arbeit das spüren, womit Hartz IV Betroffene tagtäglich rechnen müssen.
Würde jemand, der ab nächsten Monat auf Bürgergeld angewiesen ist, nicht auf eine Anfrage des Jobcenters reagieren, gäbe es im ersten Zug eine Leistungsminderung um zehn Prozent für die Dauer von einem Monat. Bei der zweiten Nachfrage, die unbeantwortet bleibt, betragen die Bürgergeld Sanktionen ab dem nächsten Jahr 20 Prozent für zwei Monate. Wie groß wäre wohl das Gezeter der zuständigen Jobcentermitarbeiter, würde man ihnen das Gehalt kürzen, weil sie ihrer Auskunftspflicht nicht nachgekommen sind?
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