Mehr Geld für Hartz IV Bedürftige, damit zumindest das Existenzminimum gesichert ist: Das hatten SPD und Grüne aus den Reihen der Ampelkoalition von Anfang an versprochen. Doch erste Berechnungen durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband zeigen: Betroffene sollten sich keine allzu großen Hoffnungen machen. Vermutlich werden nur knapp 20 Euro mehr gezahlt. Eigentlich müsste die Anpassung wegen der hohen Inflation deutlich höher ausfallen. Doch dank der alten Berechnungsgrundlage wird der Regelsatz im wahrsten Sinne des Wortes kleingehalten.
So berechnet sich Hartz IV
Sebastian Bertram von „gegen-hartz.de“ hat die Berechnungen der Forschungsstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes nachvollzogen und weist in dem Zusammenhang auch auf die Tücken der durch § 28a SGB XII geregelten Anpassung hin.
470 Euro Bürgergeld-Regelsatz ab 2023 als Hartz IV Ersatz
Die aktuelle Inflation bleibt unberücksichtigt
Denn bei der Berechnung der Hartz IV Regelsätze für 2023 wird nicht die aktuelle Inflation berücksichtigt, sondern der Zeitraum von Juli 2021 bis Juni 2022, als die Teuerung erst langsam in ungeahnte Höhen schoss. Beachten muss man darüber hinaus, dass nur die im Regelbedarf enthaltenen Dienstleistungen und Güter in die Kalkulation einfließen.
Öl, Gas und Benzin fließen nicht in die Berechnung ein
Das heißt konkret: Öl und Gas fallen weg, da sie bis zu einer Obergrenze (Stichwort Angemessenheit) vom Jobcenter bezahlt werden. Auch Benzin, Diesel und andere Treibstoffe für Kraftfahrzeuge sind nicht in der Berechnung enthalten, da sie, so Sebastian Bertram „aus dem Regelsatz herausgerechnet werden“.
4,6 Prozent regelbedarfsrelevante Teuerung
Die exakten Daten zur Teuerung rund um Hartz IV sollen eigentlich nicht publik gemacht werden. Dank schriftlicher Nachfragen von der Partei „Die Linke“ liegen die Zahlen jedoch vor. Die regelbedarfsrelevante Teuerung betrug laut „gegen-hartz.de“ entsprechend dieser Daten 4,6 oder 4,7 Prozent.
Hinweis d. Redaktion: Wir haben unter 200 Euro Hartz IV Sofortzuschlag schon vor Auszahlung verpufft die Inflation auf die im Regelsatz enthaltenen Sektoren berechnet.
Die Lohnentwicklung
In die Neuberechnung der Regelsätze fließt neben der Inflation, die zu 70 Prozent in der Fortschreibung eingepreist ist, auch die Lohnentwicklung mit einem Anteil von 30 Prozent ein. Auch hier gilt: Es zählen nicht die aktuellen Werte, sondern man blickt weit zurück.
Etwa 4,4 Prozent mehr Lohn
Für 2023 wird der Zeitraum Juli 2020 bis Juni 2021 mit dem Zeitfenster Juni 2021 bis Juni 2022 in Relation gesetzt. Ausgangslage sind 25.333 Euro für den Vergleichszeitraum. Da neue Zahlen noch nicht vorliegen, geht das Portal von einer Veränderung von etwa 4,3 bis 4,4 Prozent aus (+/- 10 Prozent).
Hartz IV steigt vermutlich nur um 4,6 Prozent
Wirft man Inflation und Lohnentwicklung in den Mixbecher,
„ergibt sich eine Erhöhung der Regelbedarfe im SGB II und SGB XII von rund 4,5 oder 4,6 Prozent“,
so Bertram von „gegen-hartz.de“. Auch hier müsse man mit leichten Schwankungen rechnen. Somit kommt man auf etwa 20 Euro mehr Hartz IV.
Negative Entwicklung
Im Bankenwesen würde man angesichts dieser Zahlen von einer negativen Rendite sprechen. Denn unter Berücksichtigung der Inflation bleibt unter dem Strich deutlich weniger, als man vorher hatte. Ausgehend von 4,5 Prozent, um die der Hartz IV Satz nach aktuellem Stand steigen könnte, und 7,5 Prozent Inflation (Stand Juli 2022), fehlen 3,0 Prozent. In Euro: 13,47 Euro.
Faktische Kürzung der Regelleistung
Da die Inflation laut Prognosen, unter anderem vom Bankenverband, auf über zehn Prozent steigen könnte, ergibt sich eine noch größere Lücke. Fazit von Sebastian Bertram: Statt einer bedarfsgerechten Regelleistung erfolgt faktisch eine Kürzung der Hartz IV Sätze.
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