Dass die Mieten bundesweit stetig steigen und für viele Familien zur echten Belastungsprobe werden, ist der Politik durchaus bekannt. Sie setzt dieser Entwicklung nur leider kein wirksames Stoppzeichen entgegen. Ein Hartz IV Empfänger aus Bielefeld, Michael G., ist daher selbst aktiv geworden und hat sich erfolgreich gegen eine ungerechtfertigte Mieterhöhung zur Wehr gesetzt.
Forderung: 160 Euro mehr Miete
Der Mann lebt seit 1966 in der Wohnung und bezahlt 292 Euro Kaltmiete. Die Vonovia, Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen, wollte plötzlich 160 Euro mehr. Der Grund: Modernisierungsmaßnahmen. Das Schreiben, in dem die Arbeiten und die geplante Mietanpassung angekündigt wurden, listete allerdings Maßnahmen auf, die bereits in den 70er Jahren abgehakt worden waren. Die „Neue Westfälische“, die auf den Fall aufmerksam machte, nennt zum Beispiel eine neue Balkonbrüstung.
Das kam dem Hartz IV Bezieher komisch vor. Er sah in den geplanten Arbeiten keine Modernisierung, sondern schlichtweg eine Instandhaltung, für die der Vermieter verantwortlich ist. Michael G. kümmerte sich deshalb um einen Beratungsschein für einen Anwalt. Doch dessen Hilfe währte nur kurz.
Hinweis: Grundsätzlich ist eine Mieterhöhung aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen nicht rechtswidrig. Allerdings haben sich Vermieter auch an die Grenzen einer Erhöhung der Miete zu halten, damit diese nicht aus dem Ruder laufen und den Mieter ad hoc massiv finanziell belasten. Weitere Informationen zu diesem Thema könne Sie auch auf https://www.mietrecht.de/mieterhoehung-nach-modernisierung/ nachlesen.
Angst vor Obdachlosigkeit
So blieb dem Leistungsempfänger nur ein Ausweg: Er zahlte statt der neuen und höheren nach wie vor die alte Miete. Lange ließ sich der Konzern das Vorgehen des Mieters nicht gefallen und kündigte dem Mann die Wohnung. Dadurch kam der Fall vor Gericht, das dem Hartz IV Empfänger recht gab. Es bleibt also bei 292 Euro Kaltmiete monatlich.
Das Unternehmen sprach gegenüber der Zeitung davon, dass ein falscher Eindruck entstanden sei. Man habe niemanden einschüchtern wollen. Der Betroffene indes hatte die ganze Zeit über Angst, obdachlos zu werden. „Ich gehöre zu den Leuten, die früher immer dachten, ihnen könne Obdachlosigkeit keinesfalls drohen. Ich rauche nicht, trinke selten Alkohol. Bin schuldenfrei. Drogen lehne ich ab. Habe seit Jahren kein Haustier mehr. Ich bin ein seriöser Hartz IV Empfänger, über 60, leicht gehbehindert. Doch noch vor kurzem musste ich damit rechnen, tatsächlich obdachlos werden zu können“, so der Mann. Dieses Schicksal hat er aus eigener Kraft abgewendet.
Amtsgericht Bielefeld – 2018
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