Die eine Hand weiß zwar genau, was die andere tut. Das heißt jedoch nicht, dass man die jeweiligen Aktivitäten auch gutheißt. So ähnlich stellt sich die Situation rund um das bayerische Familiengeld und die Regeln für Hartz IV dar. Denn während Bayern darauf pocht, die 250 Euro an jeden auszahlen zu dürfen, ohne den Betrag auf die Sozialleistungen anrechnen zu müssen, warnt der Bund vor Nachforderungen an betroffene Hartz IV Empfänger.
Bayern will den Bund ignorieren
Dass die Politik mit zweierlei Maß misst, ist leidlich bekannt. Ebenso, dass Bayern gerne eigene Wege geht. Bestes Beispiel: das bayerische Familiengeld. Die Idee, die neue Leistung auch Hartz IV Empfängern zugutekommen zu lassen, geht zweifelsohne in die richtige Richtung. Man hat die Rechnung nur ohne den Bund gemacht. Jetzt prallen zwei Meinungen aufeinander. Der Streit, ausgetragen auf dem Rücken derer, die auf Hartz IV angewiesen sind, eskaliert.
Das geht inzwischen soweit, dass seitens des Landessozialministeriums offiziell angewiesen wird, das Familiengeld zu zahlen, selbst dann, wenn die Jobcenter mit einer Kürzung der Sozialleistungen drohen. In dem Schreiben heißt es: „Familiengeld wird auch dann an die Antragsteller ausgezahlt, wenn Rechtswahrungsanzeigen der Jobcenter gestellt werden.“
Knackpunkt: das Sozialgesetzbuch II
Das Problem beim Familiengeld – 250 Euro pro Monat und Kind im ersten und zweiten Lebensjahr: Laut Sozialgesetzbuch II handelt es sich um ein zusätzliches Einkommen, das mit den Hartz IV Leistungen verrechnet werden muss. Darauf beharrt das Bundessozialministerium. Denn ohne diese Regeln ließen sich Sozialleistungen beliebig miteinander kombinieren. Das gelte es zu verhindern, heißt es vom Bund.
Bayern sieht jedoch zwei Ausnahmeregeln. Ähnelt die Leistung des Landes dem Erziehungsgeld, müsse sie nicht angerechnet werden. Zudem sei eine Anrechnung nicht erforderlich, wenn die Zahlungen „ausdrücklich einem anderen Zweck als der Grundsicherung dienen“. Der Bund bleibt nichtsdestotrotz bei seinem Standpunkt und droht mit Kürzungen.
Zweierlei Recht in bayerischen Jobcentern
Wie es damit in Bayern weitergeht, ist unklar. Es gibt 83 Jobcenter, die dem Bund unterstehen und zehn Einrichtungen in Optionskommunen, über die Bayern die Aufsicht hat. Das heißt, es kommt zu einer unterschiedlichen Rechtsanwendung. Einen Vorschlag zur Güte gibt es bereits aus Berlin. Man könne in Bayern das Landeserziehungsgeld wieder einführen. Ansonsten gelte: „Herr Söder und seine Leute haben sich sehenden Auges in diese Situation hineinmanövriert.“
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