Nachdem das Bundesverfassungsgericht Hartz IV Sanktionen von über 30 Prozent des Regelsatzes für verfassungswidrig erklärte, setzte die Bundesagentur für Arbeit hohe Sanktionen bis auf Weiteres aus. Ist die Schonfrist für Hartz IV Empfänger nun vorbei?
Gesetzesänderung nimmt Zeit in Anspruch
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Anfang November schien der Menschlichkeit in der Bundesrepublik ein Stück weit genüge getan worden zu sein: Sanktionen über 30 Prozent des Regelsatzes seien verfassungswidrig. Für eine flächendeckende Anwendung des Karlsruher Richterspruches muss der Gesetzgeber allerdings bestehende Gesetze ändern und der Entscheidung des Verfassungsgerichts anpassen – und das dauert.
Jobcenter entscheidet, Sanktionen vollends auszusetzen
Aus diesem Grund wurden vorübergehend Übergangsregelungen implementiert. Die Bundesagentur für Arbeit wies die Jobcenter im Dezember an, alle Sanktionen von über 30 Prozent bis auf Weiteres auszusetzen. Die Weisung galt jedoch lediglich für die Jobcenter unter Führung der Agentur für Arbeit. Das Jobcenter Essen erhielt als städtische Behörde eine solche Weisung zunächst nicht und entschied deshalb, jedwede Sanktionen vorerst zu unterbinden.
Jobcenter Essen verhängt Sanktionen
Nun liegt dem Jobcenter jedoch eine entsprechende Weisung vor: „Das Land hat beschlossen, dass bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber auch für die kommunal geführten Jobcenter die fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu den Sanktionsregelungen im SGB II bis auf wenige Einschränkungen zu beachten sind“, so eine Sprecherin.
Sanktionen bis 30 Prozent
Auf diese Weise sind Sanktionen bis zu 30 Prozent der Hartz IV Leistungen für das Jobcenter Essen nun wieder ein zulässiges Mittel der Abstrafung bei Meldeversäumnissen und Verletzungen der Mitwirkungspflichten. Besonders alarmierend: Laut WAZ können Sanktionen auch bis zu 6 Monate nach Pflichtverletzung verhängt werden – Versäumnisse der letzten Monate können also nachträglich geahndet werden.
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