Treppen, zu schmale Türen und eine Dusche mit Einstieg – für Rollstuhlfahrer unüberwindbare Hürden. Ein Mann aus Essen sitzt seit einem Schlaganfall im Rollstuhl und stand vor genau diesen Herausforderungen in der eigenen Wohnung. Das Jobcenter erkannte jedoch nicht die Dringlichkeit einer barrierefreien Wohnung und lehnte die Zahlung der Miete inklusive Umzugskosten schlichtweg ab.
Rollstuhlfahrer auf barrierefreie Wohnung angewiesen
Die „WAZ“ berichtet derzeit über Udo Heppke aus Essen, der seit einem Schlaganfall im Jahr 2014 auf den Rollstuhl angewiesen ist und folglich auch auf eine teurere Wohnung ohne Barrieren. Das Jobcenter Essen verweigert jedoch die Zahlung der höheren Miete. Udo und seine Frau Margot Heppke befinden sich deshalb seit Jahren in einem Rechtsstreit mit dem zuständigen Jobcenter.
Das Ehepaar fordert von der Behörde 2000 Euro zurück, die sie in den letzten Jahren aus eigener Tasche für die höhere Miete zuzahlen musste. Auch der Anwalt des Ehepaares ist davon überzeugt, dass das Jobcenter die höheren Kosten der neuen Wohnung für den schwerpflegebedürftigen Rollstuhlfahrer und seiner Frau in voller Höhe übernehmen müsse.
„Ich war regelrecht verzweifelt, habe viel geweint.“
Die frühere Dachgeschosswohnung, 58 Quadratmeter, mit kleinem Bad und ohne Fahrstuhl stellte für Herrn Heppke keine annehmbare Wohnsituation dar. „Wir konnten dort nicht bleiben“, sagt Margot Heppke. Monatelang suchte sie nach einer neuen Wohnung, doch günstige barrierefreie Wohnungen gibt es in Essen nur wenige. „Ich war regelrecht verzweifelt, habe viel geweint“, erklärt Frau Heppke.
Nach langer Suche fand sie schließlich eine Wohnung inklusive Fahrstuhl, ebenerdiger Dusche und breiter Türen. Der Einzug fand Pfingsten 2015 statt. Die 69 Quadratmeter waren mit Nebenkosten bei 520 Euro angesetzt – für das Jobcenter jedoch immer noch zu teuer. Denn momentan liegt die Mietobergrenze in dem Gebiet für zwei Personenhaushalte bei lediglich 458,20 Euro, damals war die Grenze sogar noch niedriger. Außerdem weigerte sich das Jobcenter Essen Umzugskosten und Mietkaution zu übernehmen. Lediglich 500 Euro für die Renovierung erhielt das Ehepaar. Die Miet-Differenz von knapp 100 Euro monatlich mussten die Heppkes schlussendlich aus ihrem Hartz IV Regelsatz zahlen: „Uns blieb ja gar nichts anderes übrig“, sagt Margot Heppke gegenüber der WAZ.
Anwalt kritisiert Verhalten des Jobcenters
Erst im Sommer 2017 wurde die Wohnung als angemessen anerkannt und die Miete seitdem in voller Höhe vom Jobcenter übernommen. Denn erst seit 1. Juli 2017 wurde erstmals festgelegt, wie teuer barrierefreie Wohnungen für Hartz-IV-Empfänger maximal sein dürfen. Die Grenzen liegen zwar höher als die üblichen Mietobergrenzen aber das Jobcenter muss in jedem Fall den Anspruch auf eine solche Wohnung genau prüfen. Mit ihrem Anwalt Peter Karaiskas kämpft Margot Heppke nun darum, dass das Jobcenter insgesamt 2000 Euro für Umzug und Miete aus den Jahren zuvor rückwirkend zahlt. Der Anwalt der Familie hat inzwischen Klage beim Sozialgericht Duisburg eingereicht.
Der Anwalt erklärt, dass die Jobcenter laut SGB II in Ausnahmefällen von den Angemessenheitsgrenzen abweichen dürfen. „Bei einem Rollstuhlfahrer ist das aus meiner Sicht völlig unstrittig“, sagt Anwalt Karaiskas. Das Jobcenter hätte die Mietkosten von Beginn an in voller Höhe übernehmen müssen. „Es geht eben nicht immer nullachtfünfzehn“, betont er. Zudem vermutet der Anwalt, dass die Familie ohne rechtliche Hilfe heute immer noch die Miet-Differenz selbst zahlen würde. Vom Jobcenter ist er enttäuscht und fasst zusammen: „Das ist eine soziale Kälte, die da mitschwingt.“
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