Die statistischen Daten beweisen, was Hartz IV Bedürftige schon lange geahnt haben: Das Jobcenter arbeitet nicht nur ungenau, sondern geradezu schlampig – und Hartz IV Empfänger tragen die Konsequenzen.
Halbe Million Widersprüche gegen Jobcenter-Entscheidungen
Stimmen Hartz IV Empfänger den Entscheidungen der Jobcenter nicht zu oder zweifeln deren Rechtmäßigkeit an, haben sie die Möglichkeit, Widerspruch gegen Änderungsbescheid und Co. zu erheben. Wie die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zeigt, sind im vergangenen Jahr mehr als eine halbe Million Widersprüche insgesamt zwischen Juni 2019 und Juni 2020 gegen Bestimmungen der Jobcenter erhoben worden.
Ein Drittel aller Widersprüche gerechtfertigt
Von 568.800 bearbeiteten Widersprüchen insgesamt zwischen Juni 2019 und Juni 2020 wurden 315.423 zurückgewiesen. Zurückgewiesene Widersprüche sind in vielen Fällen auf fehlende Unterlagen und Dokumente zurückzuführen. Diese Fehler sind den Jobcentern also nicht anzulasten. Aber: 198.363 Widersprüchen wurde stattgegeben oder zumindest teilweise stattgegeben – mehr als ein Drittel aller Widersprüche erfolgt somit gerechtfertigt und begründen sich durch Fehler der Jobcenter.
Ein Paradebeispiel für die Arbeitsweise der Behörde ist in diesem Zusammenhang der Fall einer Schwangeren, der die Hartz IV Leistungen gekürzt wurden. Der Grund: Sie und ihr 3-jähriger Sohn hätten angeblich auf dem Bau gearbeitet. Es stellte sich schnell heraus, dass das Jobcenter die junge Frau mit ihrem Partner verwechselt hatte – eine Leistungskürzung sei daher vollkommen fehlerhaft vorgenommen worden. Ohne Widerspruch wäre die Panne nicht korrigiert worden und die junge Mutter hätte ihre Familie nicht versorgen können.
Stattgegeben: 40 Prozent aller Klagen
Noch besorgniserregender verhält es sich derweil laut BA Statistik mit Klagen gegen die Jobcenter. Verlaufen Widersprüche erfolglos und das Jobcenter erkennt seine Fehler auch nicht als solche, wenn man sie mit der Nase darauf stößt, bleibt Betroffenen nur der Klageweg.
Von 92.766 abgegangenen Klagen wurde 36.820 stattgegeben oder teilweise stattgeben – rund 40 Prozent! Im Vergleich zum Vorjahr hat sich dieser Wert kaum verändert, die Jobcenter erweisen sich dementsprechend erneut als weitestgehend bildungsresistent. Doch wie erklärt sich eine derart katastrophale Quote?
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Unqualifizierte Mitarbeiter in kommunalen Jobcentern
Von Seiten einiger hochrangiger Mitarbeiter diverser Jobcenter weiß das Buergergeld.org Team, dass Genauigkeit gerade in den kommunalen Jobcentern nicht unbedingt großgeschrieben wird. Die betreffenden Jobcenter stellen unqualifizierte „Fachkräfte“ an, die weitestgehend autonom über die Schicksale von Hartz IV Bedürftigen entscheiden dürfen. Besonders problematisch: Die Mitarbeiter können selbst bei nachweislich schlechter Arbeitsleistung nicht einfach so entlassen werden – ihren qualifizierten Kollegen sind indes angesichts zu erfüllender Quoten und personeller Unterbesetzung die Hände gebunden.
Quelle: BA Statistik Grundsicherung für Arbeitsuchende in Zahlen – Juli 2020
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