Da weiß einer nicht, was er will. Einerseits möchte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Menschen ermutigen, auf eigenen Beinen zu stehen. Andererseits will er Betroffenen, die schon seit Jahren auf Hartz IV angewiesen sind, eine der wenigen Chancen nehmen, wieder in die Berufswelt integriert zu werden. Laut „Spiegel“ plant der Minister, die Mittel für den sozialen Arbeitsmarkt einzudampfen.
Raubbau an den Ärmsten
Lindner sucht nach Möglichkeiten, die Schuldenbremse einzuhalten. Warum also nicht bei den Ärmsten sparen und die „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ von 4,8 auf künftig 4,2 Milliarden Euro kürzen. Damit sollen 609 Millionen Euro an Hartz IV Leistungen im Jahr gespart werden.
Anreiz wird gestrichen
Das ist nur schwer nachvollziehbar. Denn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bezeichnet die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit als „wichtiges Instrument“. Es soll
„Anreize für erwerbsfähige Leistungsberechtigte schaffen, entweder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder eine hauptberuflich ausgeübte selbstständige Tätigkeit aufzunehmen“.
Das ist dann demnächst wohl vorbei.
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Kein Geld mehr für den sozialen Arbeitsmarkt
Noch drastischer wird der Einschnitt am sozialen Arbeitsmarkt. Bis 2029 will Lindner die Fälligkeiten von Verpflichtungsermächtigungen auf fünf Millionen Euro schrumpfen. Betroffen davon wären dann, so der „Spiegel“ vor allem mehrjährige Förderungen – insbesondere für Personen, die sieben oder mehr Jahre auf Hartz IV angewiesen waren.
Der soziale Arbeitsmarkt
2019 hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Grundlagen für den sozialen Arbeitsmarkt geschaffen. Firmen, die Langzeitarbeitslose einstellen, erhalten fünf Jahre lang einen Zuschuss zum Lohn: 100 Prozent in den ersten beiden Jahren, 90 Prozent im dritten Jahr, 80 Prozent im vierten und 70 Prozent im fünften Jahr.
Geplant für 150.000 Betroffene
Die über § 16i SGB II (Teilhabe am Arbeitsmarkt) geregelte Maßnahme sollte ursprünglich 150.000 Menschen wieder in Lohn und Brot bringen. Aktuell haben 42.000 ehemalige Hartz IV Bedürftige einen staatlich geförderten Job. Die Kosten seit 2019: knapp vier Milliarden Euro.
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Heftige Kritik an den Sparplänen
Die Sparpläne von Christian Lindner kommen bei der Opposition gar nicht gut an. Jessica Tatti, sozialpolitische Sprecherin der Linken, mahnt: Die Regierung müsse endlich die Übergewinne der Konzerne besteuern, statt zwanghaft an der Schuldenbremse festzuhalten. Auf Twitter wirft sie Lindner „Marktradikalismus, Sozialstaatsfeindlichkeit & Klientelpolitik“ vor. Er sei „der wichtigste Verbündete der Superreichen“.
Brutale Kürzungen
Kai Whittaker von der CDU spricht angesichts der Pläne von „brutalen“ Kürzungen. Hartz IV Bedürftige hätten es dann künftig noch schwerer, wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert zu werden. Vor allem aber werde dadurch die soziale Teilhabe deutlich schwieriger.
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Sparen am falschen Ende
Menschen die Chance auf einen Job zu nehmen – und wir sprechen hier von aktuell 42.000 Stellen – ist schlichtweg Sparen am falschen Ende. Besser wäre es, wie Kai Whittaker, vorschlägt, nicht ständig neue (und oft völlig nutzlose) Posten innerhalb der Regierung zu kreieren.
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