Der Regelsatz wird im Jahr 2021 stärker angehoben als bisher gedacht. Doch davon profitieren längst nicht alle Leistungsempfänger. Für die Kleinsten der Gesellschaft hat die Regierung gerade einmal einen Euro übrig.
Regelsatz 2021: 6- bis 13-Jährige profitieren kaum
Als die geplanten Hartz IV Regelsätze für das kommende Jahr zum ersten Mal durch die Medien gingen, ernteten die sogleich scharfe Kritik aus Politik und Gesellschaft. Besonders die Regelleistungen für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren wurden von Sozialverbänden bemängelt. Ursprünglich sollte der Regelsatz für diese Altersgruppe um keinen müden Taler angehoben werden. Als jedoch bekannt wurde, dass die Regelleistungen nachberechnet werden sollten, zeigten sich Kritiker vorsichtig optimistisch.
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Nach der Neuberechnung der Leistungen steht nun aber fest: Der Regelsatz für 6- bis 13-Jährige steigt von 308 Euro auf 309 Euro – ein Anstieg von gerade einmal 1 Euro.
Regelsatzerhöhung: Kinder müssen hintenanstehen
Kritiker sind außer sich: Wie kann es sein, dass die Kleinsten der Gesellschaft bei der Regelbedarfserhöhung vollkommen vergessen und schutzlos Opfer des Hartz IV Systems werden? Die Bundesregierung erklärt die nur geringfügige Erhöhung dadurch, dass die betreffende Altersgruppe bei der Neuberechnung im Jahr 2017„weit überproportional profitiert“ habe. Damals stiegen die Hartz IV Leistungen für 6-bis 13-Jährige um 21 Euro.
Für Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, sind diese Missstände vor allem dem Berechnungsverfahren der Regelsätze geschuldet. Für die Ermittlung des Existenzminimums werden Einkommens- und Verbrauchsstichproben der ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung herangezogen:
„Dabei ist diese Vergleichsgruppe Welten von einem normalen Lebensstandard wie in der Mitte der Gesellschaft entfernt“, so Piel.
Kinderregelsatz: 3,90 Euro für Essen am Tag
Dieser Eindruck bestätigt sich bei Betrachtung der im Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) vermerkten Verbrauchsausgaben für Kinder:
Bedarf für | 6 bis 13 Jahre |
Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke | 118,02 Euro |
Bekleidung und Schuhe | 36,49 Euro |
Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung | 13,90 Euro |
Innenaussattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände | 12,89 Euro |
Gesundheitspflege | 7,94 Euro |
Verkehr | 23,99 Euro |
Nachrichtenübermittlung | 26,10 Euro |
Freizeit, Unterhaltung, Kultur | 43,13 Euro |
Bildungswesen | 1,56 Euro |
Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen | 6,81 Euro |
Andere Waren und Dienstleistungen | 10,34 Euro |
Für die Altersgruppe der 6- bis 13-Jährigen dienen 118 Euro monatlich für Nahrungsmittel und Getränke als Berechnungsgrundlage – 3,93 Euro am Tag.
Doch damit nicht genug: Für die Gesundheitspflege von Kinders diesen Alters sind monatlich 7,94 Euro vorgesehen. Ein krankes Kind wird damit für Eltern im Leistungsbezug zur finanziellen Belastungsprobe.
Als besonders besorgniserregend erweisen sich auch die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für Bildung von Kindern. Mit gerade einmal 1,56 Euro im Monat stellt sich die Frage, wie betroffenen Kindern eine gesellschaftliche Teilhabe bei Hartz IV ermöglicht werden soll.
DKHW: Kinderregelsatz ist „armutspolitischer Skandal“
Dieser Meinung ist auch das Deutsche Kinderhilfswerk. Die Organisation bezeichnete die Berechnung der Kinderregelsätze jüngst als „armutspolitischen Skandal“ und findet:
„Es sollte bedarfs- und realitätsgerecht ermittelt werden, was Kinder brauchen. Referenz muss dabei ein gutes Aufwachsen und die Teilhabe aller Kinder und Jugendlicher sein“.
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