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Hartz IV Sanktionen lassen die Staatskasse klingeln

Mann im Anzug und Hut voller Geldscheine

Beim Blick hinter den vorübergehenden Verzicht auf Hartz IV Sanktionen ergeben sich interessante Zahlenspiele, die tief blicken lassen. Die Daten werden allesamt im entsprechenden Gesetzentwurf für das Moratorium aufgelistet. Demnach hätten Bund und Länder normalerweise zwölf Millionen Euro an den Sanktionen verdient und für den Erfüllungsaufwand lediglich 0,8 Millionen Euro investiert. Und das bei veranschlagten 30 Minuten Zeitaufwand je Sanktion.

Aussetzen der Sanktionen

Die Details zum geplanten Sanktionsverzicht gehen aus der Drucksache 20/1413 des Deutschen Bundestages vom 13. April 2022 hervor. Das Papier befasst sich mit dem Moratorium. Demnach sollten die Sanktionen für Hartz IV Bedürftige ursprünglich bis Ende des Jahres ausgesetzt werden.

In der Bundestagsdebatte am vorigen Freitag (13. Mai 2022) wurde dann deutlich, dass man bis Mitte 2023 weitgehend auf Kürzungen verzichten möchte. Ausnahme: Termine werden nicht wahrgenommen, sog. Meldeversäumnisse. Die Vorlage wurde an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.

Gründe: Bürgergeld und Bundesverfassungsgericht

Für diesen Vorstoß gibt es zwei Gründe: das geplante Bürgergeld und ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 5. November 2019 (1 BvL 7/16), wonach einige der Sanktionsregeln nicht mit dem „Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum“ vereinbar sind.

Nur ein Zwischenschritt

Doch das Moratorium für Hartz IV Sanktionen stellt lediglich einen Zwischenschritt und keinesfalls das Ende der Leistungskürzungen dar. Denn im Anschluss gilt, so der Gesetzentwurf: „Danach soll das Bürgergeld die Mitwirkungspflichten und die Folgen der Verstöße neu regeln.“

Kosten und Einsparungen des Moratoriums

Die Kosten bis Ende des Jahres – neuere Zahlen für ein einjähriges Moratorium liegen noch nicht vor – belaufen sich für Bund und Länder auf 12 Millionen Euro. Heißt im Umkehrschluss: So viel Geld hätte man normalerweise dank der Hartz IV Sanktionen mehr im Staatssäckel.

Die Bundesregierung spricht beim Aussetzen der Kürzungen des Existenzminimums von

„mittelbaren Mehrausgaben bei den Leistungen zum Lebensunterhalt in Höhe von rund 12 Millionen Euro im Jahr 2022“,

wovon 11,6 Millionen Euro auf den Bund und 0,4 Millionen Euro auf die Kommunen entfallen.

0,8 Millionen Euro Erfüllungsaufwand

Auf der anderen Seite ergeben sich aufseiten der Jobcenter „Einsparungen beim Erfüllungsaufwand in Höhe von 0,8 Millionen Euro“. Das sind die Kosten, die nicht anfallen, weil keine oder nur wenige Sanktionen verhängt werden.

7.000 Sanktionen pro Monat

Die Zahl basiert auf einer Schätzung von monatlich 7.000 Sanktionen, 417 Widersprüchen und 31 Klagen. Für jede Sanktion werden den Mitarbeitern in den Jobcentern 30 Minuten eingeräumt, für einen Widerspruch 60 Minuten und für eine Klage zwei Stunden. Der Stundensatz beträgt 34 Euro.

Sanktionen lohnen sich

Für den Staat lohnt sich also, wenn die Jobcenter fleißig Sanktionen verhängen. 12 Millionen Euro im Plus für einen minimalen finanziellen Aufwand von 800.000 Euro. Da kann man es schonmal riskieren, die Keule etwas öfter aus der Schublade zu holen. Wenn dann doch Widerspruch erhoben oder sogar geklagt wird: kein Problem, ist schließlich schon in der Kalkulation enthalten.

Daran zeigt sich, dass es auch im Sozialstaat eher um Zahlen und Gewinn geht, denn um den Menschen. Anders lässt sich kaum erklären, warum in der Begründung für den Gesetzesentwurf mit Zahlen um sich geschmissen wird, die ganz klar belegen: Hartz IV Sanktionen nützen nur dem Staat.

Deutscher Bundestag – Drucksache 20/1413 vom 13.04.2022

Bild: BORISENKOFF/ shutterstock.com

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