Dieses Urteil dürfte Hartz IV Empfänger in ganz Deutschland erfreuen: Das Sozialgericht (SG) Mannheim entschied kürzlich, dass die Kosten für die Anschaffung eines Schulcomputers oder Laptops als Mehrbedarf vom Jobcenter zu übernehmen sind – trotz gegensätzlicher Weisung der Bundesagentur für Arbeit.
Jobcenter lehnt Antrag von Schüler auf Schulcomputer ab
Laut eines kürzlich veröffentlichten Urteil des SG Mannheims stehen Hartz IV Bedürftigen bis zu 300 Euro Mehrbedarf für die Anschaffung eines Laptops oder PCs für die Schule zu (Urteil v. 24.10.2019, Az.: S 3 AS 2672/19). Hintergrund des Urteils war die Klage eines Schülers aus Hessen.
Der Gymnasiast, der mit seiner Mutter in einer Bedarfsgemeinschaft lebte, gab an, keinen Computer zuhause zu haben. Seine Schule forderte in der 11. Klasse nunmehr jedoch die Arbeit am PC, worauf der Schüler einen entsprechenden Antrag beim Jobcenter stellte – ohne Erfolg.
SG Mannheim urteilt im Sinne des Schülers
Aus Sicht des Jobcenters müsse der PC aus dem Erwerbseinkommen verbundenen Freibetrag der Mutter gezahlt werden. Dabei käme auch ein gebrauchter PC in Betracht. Das SG Mannheim sah das jedoch anders und entschied, dass dem Schüler durchaus ein Mehrbedarf in Höhe von bis zu 300 Euro zu gewähren sei.
Begründung des Gerichts
Gemäß § 21 Abs. 6 SGB II stünden Hartz IV Bedürftigen die Leistungen zur Erfüllung der schulischen Anforderungen zu. Allerdings scheitere ein direkter Anspruch auf den Mehrbedarf daran, dass es sich bei den PC-Kosten nicht um einen laufenden Bedarf handele.
Trotz der Tatsache, dass die Ausstattung von Schülern der gymnasialen Oberstufe mit einem PC oder Laptop zum staatlich zu gewährenden Existenzminimum gehört, bestünde laut Gericht eine „planwidrige Regelungslücke, deren Schließung eine analoge Anwendung von § 21 Abs. 6 SGB II notwendig mache“. Es ergebe sich aus keiner der Anspruchsgrundlagen ein direkter Anspruch des Klägers auf die Gewährung der Kosten. Ferner könnten die Kosten weder angespart werden, noch seien sie in hinreichender Form vom Regelbedarf oder sog. „Schulbedarfspauschale“ gem. § 28 Abs. 3 SGB II gedeckt.
Urteil ist rechtskräftig
Das Urteil des SG Mannheim ist rechtskräftig. Dennoch hat es zunächst nur Bindung für den verhandelten Fall und gilt nicht bundesweit. Sollte ein Jobcenter einen Antrag auf die Kostenübernahme für einen PC ablehnen, kann diese Entscheidung hier als Begründung für das Widerspruchsverfahren genutzt werden, nötigenfalls müssen Betroffene selbst auf den Mehrbedarf klagen und die Klage auf der Entscheidung des Sozialgerichts Mannheim stützen.
Will BA PC-Zuschuss verhindern?
Die Bundesagentur für Arbeit dürfte dieses Urteil nicht besonders gefallen. Laut einer vermeintlich geleakten Weisung, die dem Erwerbslosenverein Tacheles e.V. vorliegt, schaffe die BA „bewusst Hürden“, die Hartz IV Bedürftigen den Zugang zu dem PC-Zuschuss erschwert.
Info: In einer Pressemitteilung vom 24.06.2020 nahm die Bundesagentur für Arbeit Stellung zu einem Urteil des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Az.: L 7 AS 719/20 B ER, L 7 AS 720/20 B), das ebenfalls im Sinne eines Mehrbedarfs zur Deckung der Anschaffungskosten für Schulcomputer urteilte. Darin wies die BA daraufhin, dass grundsätzlich auch weiterhin kein Mehrbedarf für Schulcomputer zu gewähren sei. Ob die Frage um die Kostenübernahme von elektronischen Endgeräten für die Schule bis vor das Bundessozialgericht geht, ist derzeit noch nicht klar. Die Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit finden Sie hier.
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