Das Jobcenter muss einem Bezieher von Hartz IV Leistungen die Kosten für eine Gleitsichtbrille übernehmen, so die Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22.03.2016.
Leistungsbezieher hat Anspruch auf Kostenübernahme für Brille
Geklagt hatte ein Hartz IV Leistungsbezieher aus Frankfurt/ Main, dem das Jobcenter zunächst die Kostenübernahme von 147 Euro für eine Gleitsichtbrille trotz augenärztlicher Verordnung versagte. Beim Optiker wurden die Dioptrienstärken von -2,50 rechts und -2,25 links ermittelt.
Im Widerspruchsverfahren schaltete das Jobcenter Frankfurt Main dann den Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit ein, welcher dem Kläger auch die Notwendigkeit eine Sehhilfe bescheinigte. Der Ärztliche Dienst bestätigte die Notwendigkeit einer Brille für die Nähe und auch Ferne zur Erreichung des maximalen Sehvermögens, insbesondere unter dem Aspekt einer Aufnahme als Bürokraft erscheine eine Sehhilfe für die Nähe als sinnvoll und notwendig. Zur Herbeiführung eines möglichst optimalen Sehvermögens für sonstige berufliche Tätigkeiten sei allerdings auch eine Brille für die ferne sinnvoll und notwendig, so die Einschätzung des Ärztlichen Dienstes.
Unter Berücksichtigung des Gutachten des Ärztlichen Dienstes bewilligte das Jobcenter Frankfurt dem Hartz IV Bezieher eine Kostenerstattung von 19,00 Euro als Förderung aus dem Vermittlungsbudget. Dies wären die Kosten für eine Brille für die Nähe, welche für die Tätigkeit als Bürokraft amtsärztlich attestiert wurde. Einen Anspruch auf die Sehhilfe für die Ferne verweigerte der Leistungsträger weiterhin im Widerspruchsbescheid.
Klage hatte Erfolg
Die gegen den Widerspruchsbescheid gerichtete Klage hatte Erfolg. Die 19. Kammer des Sozialgerichts Frankfurt/ Main sah diesen als rechtswidrig an, da der Leistungsträger die Kostenübernahme für die Fernbrille verweigerte. Die Richter stützen ihre Entscheidung dabei auf § 16 SGB II und § 44 SGB III, wonach der Hartz IV Leistungsempfänger Anspruch auf die Förderung aus dem Vermittlungsbudget hat. Zwar steht die Bewilligung einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget im Ermessen des Leistungsträgers, jedoch reduziere sich das Ermessen auf Null, da es nach Ansicht des Gerichtes nicht der Ermessensausübung entspräche, wenn das Jobcenter dem Hartz IV Leistungsempfänger eine für eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt benötigte Sehhilfe ablehne. Auch die Höhe der Kosten der Brille sei im angemessenem Bereich.
Mitwirkungspflichten und Sicherheit
Die Übernahme der Kosten ergäbe sich zudem aus § 2 SGB II, wonach sich der Hartz IV Bezieher verpflichtet, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Reduzierung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen, insbesondere durch Aufnahme einer bezahlten Tätigkeit. Dabei hat er nach den gesetzlichen Bestimmungen alle ihm zumutbaren Tätigkeiten aufzunehmen, also neben der zugrunde gelegten Tätigkeit als Bürokraft jede andere auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, für die er geeignet sei. Nach Überzeugung des Sozialgerichts ist aber bereits für die Zurücklegung der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine ausreichende Sehfähigkeit für die Ferne von Nöten, so dass bereits hier das ärztliche Gutachten zum Tragen kommt, um aufgrund der nicht nur geringfügigen Einschränkung der Sehfähigkeit eine Gefährdung für den Kläger als auch andere auszuschließen.
Mit Urteil unter dem Az.: S 19 AS 1417/13 verurteilte das Sozialgericht Frankfurt das Jobcenter, dem Hartz IV Leistungsbezieher die restlichen Kosten in Höhe von 128,00 Euro für die Brille sowie zusätzlich die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Eine Berufung wurde nicht zugelassen.
TIPP: Bereits bei der Beantragung einer Kostenübernahme für eine Brille sollten Betroffene bereits mit dem Aktenzeichen sowie Urteilsbegründung dieser Entscheidung des Sozialgerichts argumentieren, und so einen Anspruch aus dem Vermittlungsbudget begründen.
Das gesamte Urteil als PDF gibt es auf der Seite von Harald Thomé zum Download.