Mit der Einführung von Hartz V im kommenden Jahr erhöhen sich auch die Zuverdienstgrenzen. Dabei profitieren sowohl Hartz V Aufstocker, die ihr Einkommen mit dem Bürgergeld ergänzen müssen als auch Schüler und Jugendliche von den neuen Regelungen.
Wie groß muss die Enttäuschung sein, wenn Jugendliche arbeiten, stolz die Abrechnung zeigen und die Eltern dafür vom Jobcenter „bestraft“ werden? Bei Hartz IV Bedarfsgemeinschaften war das bislang Usus und eines der großen Ärgernisse. Mit dem Bürgergeld soll sich das ändern. Dazu hat die Ampelkoalition einige Stellschrauben beim Zuverdienst neu ausgerichtet und höhere Freibeträge vereinbart. Davon sollen alle profitieren, die auf Hartz IV angewiesen sind.
Arbeit muss sich lohnen
Damit erfüllt sich ein Wunsch der FDP. „Arbeit muss sich lohnen“, lautet einer der Leitsprüche der Liberalen, der im Wahlkampf immer wieder zu hören war. Statt Hartz IV und das künftige Bürgergeld anzuheben, legte Parteichef Christian Lindner den Fokus eher auf bessere und faire Regeln für den Zuverdienst. Die finden sich jetzt im Regierungsentwurf für das Bürgergeldgesetz.
Hartz IV wird mit dem Bürgergeld nicht überwunden
Die neuen Freibeträge
Für Hartz IV gilt: Bis 100 Euro bleiben Einkommen anrechnungsfrei. Zwischen 100 und 1.000 Euro werden 20 Prozent nicht angerechnet und von 1.000 bis 1.200 Euro (bei Alleinerziehenden bis 1.500 Euro) bleiben nur noch 10 Prozent.
Mit Hartz V wird eine weitere Stufe eingefügt. 100 Euro bleiben nach wie vor unangetastet. Von 100 bis 520 Euro sind ab Januar 2023 20 Prozent anrechnungsfrei. Neu ist die Stufe von 520 bis 1.000 Euro. In diesem Bereich rechnet das Jobcenter 30 Prozent nicht an. Ebenfalls geblieben sind die zehn Prozent für Einnahmen ab 1.000 bis maximal 1.200 Euro.
Hinweis: Im Zuge der Mindestlohnreform ergeben sich ab dem 01.10.2022 Änderungen. Der Mindestlohn steigt ab Oktober von 10,45 Euro auf 12 Euro/ Stunde. Gleichzeitig wird die Minijob-Grenze von 450 Euro auf 520 Euro angehoben.
Anreiz zur Arbeitsaufnahme
Im Regierungsentwurf wird dieser Schritt folgendermaßen begründet:
„Die Erhöhung des Freibetrages im Bereich zwischen 520 und 1.000 Euro auf 30 Prozent des erzielten Erwerbseinkommens erhöht den Anreiz zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze.“
Beispielrechnung zu den Freibeträgen
Wie sich die neuen Freibeträge auswirken, zeigt folgende Beispielrechnung für einen Familienvater mit einem Erwerbseinkommen in Höhe von 1.100 Euro:
bisher | neu | |
Freibetrag | 100,00 € | 100,00 € |
Freibetrag 20 Prozent auf 420 € (100,01 € – 520,00 €) | 84,00 € | |
Freibetrag 20 Prozent auf 900 € (100,01 € – 1.000,00 €) | 180,00 € | |
Freibetrag 30 Prozent auf 480 € (520,01 – 1.000,00 €) | 144,00 € | |
Freibetrag 10 Prozent auf 100 € (1.000,01 € – 1.100,00 €) | 10,00 € | 10,00 € |
Freibetrag gesamt | 290,00 € | 338,00 € |
In diesem Fall hätte der Familienvater bei Hartz V einen um ca. 16,6 Prozent höheren Freibetrag auf das Einkommen als bei Hartz IV. Grundsätzlich ist aber die Erhöhung des Einkommensfreibetrages auf 48 Euro durch die Gesetzesänderung limitiert.
Schüler, Studierende und Auszubildende
Für Personen unter 25 Jahren, die auf Hartz IV angewiesen sind, hat die Ampelkoalition die Grundabsetzbeträge deutlich angehoben. Bislang war bei 100,00 Euro im Monat Schluss. Von höheren Beträgen blieben je Euro nur 20 Cent (20 Prozent anrechnungsfrei). Künftig steigt der Freibetrag auf 520 Euro.
„Anlässlich der Einführung des Bürgergeldes werden die Grundabsetzbeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende erhöht, um die Erfahrung zu verstärken, dass sich eine Arbeitsaufnahme auszahlt“,
erklärt der Regierungsentwurf zum Bürgergeld.
Keine Anrechnung von Ferienjobs
Mit diesem Schritt möchte man die Ungleichheit „zwischen Kindern und Jugendlichen aus hilfebedürftigen Familien und solchen, die es nicht sind“ verringern. Dazu trägt auch bei, dass „das gesamte Einkommen von Schülerinnen und Schülern aus Erwerbstätigkeiten während der Schulferien, d.h. aus sogenannten Ferienjobs“, freigestellt ist.
Bisher erhalten Schüler bei Hartz IV einen jährlichen Freibetrag von 2.400 Euro auf Ihr Einkommen aus dem Schülerjob – diese Regelung gilt bis zum 30.06.2023, wie auch der Bürgergeld-Verordnung § 1 Abs. 1 Nr. 16 zu entnehmen ist. Ab dem 01.07.2023 greift die neue Regelung, dass Einkommen von Schülern allgemein oder berufsbildender Schulen gänzlich anrechnungsfrei ist, sofern es ausschließlich in den Schulferien verdient wird. Diese Befreiung gilt nicht für die Ausbildungsvergütung, auf die Auszubildende ohnehin Anspruch haben.
Damit möchte erreichen, dass sich leistungsberechtigte Schülerinnen und Schüler Wünsche erfüllen können, „die auf Grund der Hilfebedürftigkeit der Eltern nicht umsetzbar sind“. Gleichzeitig wird dadurch der Verwaltungsaufwand „erheblich vereinfacht“.
Aufwandsentschädigungen im Ehrenamt
Verbessert wurde auch die Regelung zu Aufwandsentschädigungen bei ehrenamtlichen Tätigkeiten. Derzeit gilt ein Betrag von maximal 2.400 Euro als anrechnungsfreie Einnahme. Dieser Betrag wird mit dem Bürgergeld auf 3.000 Euro pro Jahr angehoben.
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