Ein Zwergenaufstand für wenige Cent: Bei Hartz IV war das an der Tagesordnung. Sobald eine Überzahlung vorliegt, werden die Jobcenter aktiv. Das kostet Zeit, Geld und alle Betroffenen Nerven. Damit soll jetzt Schluss sein. Mit dem Bürgergeld kommt endlich die lang ersehnte und schon vor zwei Jahren von der FDP angeregte Bagatellgrenze. Sie liegt bei 50 Euro und spart unter dem Strich acht Millionen Euro pro Jahr.
Entlastung durch Rechtsvereinfachung
Mit der Bagatellgrenze hält sich die Ampelkoalition an eines ihrer Versprechen: Das Bürgergeld soll weniger bürokratisch sein. Damit macht man Hartz IV Bedürftigen das Leben etwas leichter und sorgt im Behördenalltag für deutlich weniger Papierkrieg. Im Regierungsentwurf zum Bürgergeld heißt es:
„Zur Rechtsvereinfachung, die insbesondere die Verwaltung entlasten soll, wird eine sogenannte Bagatellgrenze für Rückforderungen eingeführt.“
Die gesetzliche Grundlage
Die Grundlage für die Bagatellgrenze bilden die Paragrafen 40 und 41a des Bürgergeldgesetzes. Begründet wird der neue Schwellenwert für Rückforderungen mit dem Verwaltungsaufwand, der mit den Aufhebungs- und Erstattungsverfahren einhergeht. Dieser Aufwand ist nicht unerheblich, auch mit Blick auf die Kosten. Das hat der Gesetzgeber jetzt berücksichtigt:
„Bei geringen Rückforderungen können die Kosten für den Verwaltungsaufwand die Höhe der Erstattungsforderung übersteigen.“
50 Euro Bagatellgrenze
Daher greift mit dem Bürgergeld als Hartz IV Nachfolger eine Bagatellgrenze von 50 Euro. Konkret: Es wird von Rückforderungen abgesehen, „wenn die Erstattungsforderung weniger als 50 Euro für die gesamte Bedarfsgemeinschaft betragen würde“. Zudem gilt, dass „keine Aufsummierung mit Beträgen unter 50 Euro aus vorherigen Prüfungen“ stattfindet.
Rückblick: Streit um wenige Cent
Diese Regelung hätten sich viele schon bei Hartz IV gewünscht. Wir haben in der Vergangenheit oft über solche Fälle berichtet. Beispiel: Das Jobcenter Düsseldorf verschickte für den Betrag von einem Cent eine Mahnung. Bei Personalaufwand von durchschnittlich mehr als einer Stunde und Portokosten von 80 Cent macht ein solcher Schritt wenig Sinn.
Ein bekanntes Problem
Das Problem ist hinlänglich bekannt. Schon 2019 verwies der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker darauf, dass 60 Millionen Euro ausgegeben werden, um 18 Millionen Euro einzuziehen – dies hängt auch damit zusammen, dass nicht jeder Euro, der zurückgefordert wird, auch tatsächlich zurückgeholt werden kann.
1 Euro Hartz IV Rückforderungen kosten 3 Euro
90 Minuten Aufwand je Fall
Untermauert wurden diese Zahlen durch Hochrechnungen im Jahr 2020. Bei einer Bagatellgrenze von 25 Euro ließen sich 60 bis 70 Euro je Fall einsparen, hatte seinerzeit Matthias Schäffer von der Bundesagentur für Arbeit (BA) geschätzt. Jeder Fall, für den kein Bescheid verschickt werden müsse, spare 1,5 Stunden Arbeit. Hintergrund: Die Forderung der FDP, eine Bagatellgrenze einzuführen.
1,1 Millionen Rückforderungen
Jetzt ist es so weit. Mit dem Bürgergeld kommt die Bagatellgrenze. Welches Ausmaß dieses Thema hat, wird im Gesetzentwurf deutlich. Dort wird mit 1,1 Millionen Fällen jährlich gerechnet. Dadurch, dass man auf Geld verzichtet, verlieren Bund und Länder etwa 15 Millionen Euro pro Jahr. Auf der anderen Seite werden – ausgehend von 34 Minuten Arbeitszeit je Fall und einem Stundensatz von 36,80 Euro – 23 Millionen Euro gespart.
Lässt man den monetären Aspekt beiseite, entsprechen 1,1 Millionen Fälle bei 34 Minuten Aufwand übrigens 623.333 Stunden, die für die Betreuung, Vermittlung und Unterstützung von Hartz IV Bedürftigen investiert werden können.