Sie können oder wollen offenbar nicht zuhören: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) haben jetzt beide erneut und unabhängig voneinander die Abkehr von Hartz IV für Anfang kommenden Jahres terminiert. Laut Bundesagentur für Arbeit benötigt der Bürgergeld-Start jedoch deutlich mehr Zeit und wäre schon rein technisch frühestens Mitte 2023 möglich. Statt darauf einzugehen, wiederholten beide lediglich, welche Vorteile das neue Konzept hat.
Mehr Menschen sollen profitieren
Olaf Scholz hatte im Rahmen seiner Bürgersprechstunde viele Themen auf dem Schirm. Hartz IV und das Bürgergeld wurden zumindest am Rand erwähnt.
„Wir wollen das Wohngeld so reformieren, dass mehr Leute davon profitieren, und Hartz IV werden wir zu Beginn des kommenden Jahres durch das neue Bürgergeld ersetzen“,
erklärte der Kanzler.
Das System ist zu kompliziert
Hubertus Heil wiederum stand im ZDF bei „Markus Lanz“ Rede und Antwort. Neue Erkenntnisse brachten seine Aussagen nicht. Schon vor einiger Zeit hatte er moniert, dass Hartz IV und das SGB II viel zu kompliziert seien. Der neue Wortlaut der gleichen Aussage:
„Das System ist jetzt so verkrautet, man ahnt es nicht.“
BA will Bürgergeld Start verschieben
Höhere Grundversorgung
Mit dem Bürgergeld soll, so Heil, einerseits eine höhere Grundversorgung – höher als bei Hartz IV – einhergehen. Andererseits wolle man sich vor allem auf Langzeitarbeitslose konzentrieren. Sie sollen schneller in Arbeit gebracht werden. Allerdings nicht um jeden Preis.
Unbürokratische Hilfe für Langzeitarbeitslose
Im Hartz IV System würden Betroffene in jede Arbeit vermittelt.
„Ich will, dass die [Langzeitarbeitslosen] einen Berufsabschluss nachholen können“,
so Hubertus Heil. Das gelte aktuell für zwei Millionen Erwachsene. Sie sollen unbürokratisch aus dem System herausgeholt werden. Daher schaffe man Anreize für eine Ausbildung.
Junge Menschen qualifizieren
Im Blick hat der Bundesarbeitsminister zudem junge Menschen. Sie sollen vor einem Abgleiten in das Hartz IV System bewahrt werden. Aktuell hätten 1,3 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 30 Jahren keine Erstausbildung. Ihnen müsste durch Qualifizierung eine Chance gegeben werden, da sie „sonst auf dem freien Arbeitsmarkt nur an Hilfstätigkeiten kommen“.
Wunsch nach aktivierendem Sozialstaat
Ziele seien ein aktivierender Sozialstaat und die Erkenntnis, dass „Arbeit mehr ist als Broterwerb“. Darüber hinaus verspricht Hubertus Heil:
„Wo immer es geht, will ich Menschen in Arbeit bringen und nicht Armut und Bedürftigkeit verwalten.“
Immer noch keine konkreten Zahlen
Dass viele Hartz IV Bedürftige nicht (mehr) arbeiten können, bleibt bei diesen Aussagen völlig außen vor. Zudem schweigt der Minister auch weiterhin dazu, was die Höhe der künftigen Grundsicherung angeht. Das wäre für viele angesichts der angespannten Lage wichtiger als die Lobhudelei auf ein noch weitgehend ungelegtes Ei namens Bürgergeld.
470 Euro Bürgergeld-Regelsatz ab 2023 als Hartz IV Ersatz
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