Hier sprechen 17 Jahre Erfahrung. Rainer Radloff war seit 2005 Leiter des Jobcenters Arbeitplus in Bielefeld und hat in dieser Zeit viel erlebt: Hartz IV sowie die Höhen und Tiefen der Sozialgesetzgebung. Vor allem aber weiß er ganz genau, welche Menschen auf die Unterstützung vom Amt angewiesen sind und wie man ihnen am besten helfen kann. Zum Abschied räumt er mit den Vorurteilen gegenüber Bürgergeld-Empfängern auf.
Es kommt auf die Förderung Betroffener an
In einem Interview mit der „Neuen Westfälischen“ bezeichnet Rainer Radloff die Hartz IV Reform hin zum Bürgergeld als richtigen Weg. Es sei weit mehr als nur ein neuer Name. Denn jetzt gehe es „noch stärker um die Qualifizierung der Menschen“. Oder anders ausgedrückt: Bei der Grundsicherung zähle nicht nur die finanzielle Seite, sondern in erster Linie die Förderung Betroffener.
Dem Menschen Vertrauen schenken
Für den Jobcenter-Chef sind „Fördern und Fordern“, die mit der Arbeitsmarktreform des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) Einzug hielten, daher nur ein Aspekt seiner Arbeit. Wichtiger sei ihm, „den Menschen Vertrauen zu schenken“. Das sagt er aus seiner Erfahrung heraus. Auch, dass es beim Thema Arbeit nicht vorrangig ums Geld gehen dürfe. Arbeit sei vielmehr auch identitätsstiftend.
Die Mär vom faulen Arbeitslosen
Ein Punkt ist Rainer Radloff beim Gespräch mit der Tageszeitung sehr wichtig: „Die Mär vom faulen Arbeitslosen kann man streichen.“ Man müsse schon genauer hinsehen, wer früher auf Hartz IV angewiesen war und heute Bürgergeld erhält. Oft seien es Menschen mit langfristigen Erkrankungen. Betroffen seien auch Menschen ohne Berufsausbildung sowie viele Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Daher müsse Integration ebenfalls zum offiziellen Arbeitsauftrag der Jobcenter werden.
Berufsförderung und Beratung
Stolz ist der Jobcenter-Leiter, dass er und die 530 Beschäftigten der Behörde seit jeher die Berufsförderung in den Mittelpunkt gerückt haben. Dieses Konzept werde durch das Bürgergeld jetzt noch stärker betont. Dass der Ansatz, den man in Bielefeld mit der Beratungsorientierung verfolgt, von Erfolg gekrönt ist, beweisen die Zahlen. Die Sanktionsquote liegt bei 0,4 Prozent (Bundesschnitt: 1,9 Prozent) und der Kundenservice wird mit einer glatten 2,0 bewertet.
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