Keine Wohnung zu haben, ist schlimm genug. Dann auch noch vom Jobcenter drangsaliert zu werden, dürfte kaum vorstellbares Leid verursachen. Daran zeigt sich einmal mehr: Wer ganz unten ist, auf den kann man leichter eintreten. Das entspricht inzwischen der gesellschaftlichen Norm, wenn man die Kommentare zu den Sorgen einzelner Bürgergeld-Empfänger liest. Insofern erhalten Schicksale wie das von Klaus schnell den Stempel „selbst schuld“.
Bürgergeld nur tageweise bewilligt
Klaus hat keine Wohnung und ist auf das Bürgergeld angewiesen. Der Weiterbewilligungsantrag wurde vom Jobcenter genehmigt, aber nicht für ein Jahr oder mehrere Monate, sondern nur tageweise. Um ein paar Euro in der Tasche zu haben, muss der Mann jetzt jeden Tag beim Jobcenter vorstellig werden.
Drei Stunden Jobcenter – jeden Tag
Und das nicht einfach nur kurz am Schalter. Nein: Laut Helena Steinhaus vom Verein Sanktionsfrei ist Klaus verpflichtet, sich täglich drei Stunden in der Behörde aufzuhalten. Der Grund: Vielleicht gelingt es innerhalb dieses Zeitfensters, den Mann in Lohn und Brot zu bringen. Nur dann erhält er auch sein Bürgergeld. „Ein paar Euros auf die Hand“, schreibt die Gründerin des Vereins.
Angemessener Wohnraum: Fehlanzeige
Das Problem, dass jemand ohne festen Wohnsitz nur schwer vermittelt werden kann, scheint in diesem Fall völlig unterzugehen oder wohl eher vom Jobcenter ignoriert zu werden. Denn dass es in dem Landkreis kaum möglich ist, angemessenen – also weder zu teuren noch zu großen – Wohnraum zu finden, ist nach der Schilderung von Sanktionsfrei e.V. hinlänglich bekannt. Jetzt kümmert sich ein Anwalt um das Versagen der Behörde.
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Keine Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Der Fall zeigt, wie schnell die „größte Sozialreform der vergangenen Jahre“ (O-Ton Bundesarbeitsminister Hubertus Heil von der SPD) vom Alltag geschluckt wird und wie wenig von den Versprechen übrig geblieben ist. Dass die Umstellung von Hartz IV auf das Bürgergeld gelungen ist, mag technisch stimmen. Bei einigen Mitarbeitern in den Jobcentern scheint die Reform indes noch nicht angekommen zu sein.
Es mangelt an Hilfsbereitschaft
Von Zusammenarbeit auf Augenhöhe kann im Fall von Klaus wohl kaum die Rede sein. Auch nicht von mehr Chancen. Denn drei Stunden im Jobcenter zu sitzen, verhilft niemandem von jetzt auf gleich zu Arbeit und schon gar nicht zu einem Dach über dem Kopf. Da müsste man dann mal über seinen Schatten springen und auch andere Kanäle anzapfen, um wirklich zu helfen, statt einfach nur zu drangsalieren.
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