Das Jobcenter muss zur Überbrückung Bürgergeld vorläufig zahlen, auch wenn vorrangige Leistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag noch nicht bewilligt wurden, so das Sozialgericht Kiel. Eine wichtige Entscheidung, anderenfalls würden Hilfebedürftige möglicherweise monatelang auf finanzielle Hilfen warten.
Jobcenter verweigert Bürgergeld
Eine alleinerziehende Mutter mit zwei minderjährigen Kindern stellte beim Jobcenter einen Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab dem 1. Dezember. Das Jobcenter lehnte den Folgeantrag jedoch ab, mit der Begründung, dass die Familie ihren Lebensunterhalt bereits mit Wohngeld und Kinderzuschlag decken kann.
Wie ein Eingangsstempel beim Bürgergeld zum Fallstrick wird
Vorrangige Leistungen
Die Ablehnung stützte das Jobcenter auf §12a Satz 1 SGB II: „Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist.“ Das Bürgergeld ist – im Gegensatz etwa zum Wohngeld oder Kinderzuschlag – „nur“ eine nachrangige Sozialleistung und im Vorfeld müssen alle anderen Optionen ausgeschöpft werden.
Vier Monate Bearbeitungszeit
Die Mutter reagierte umgehend auf die Ablehnung des Jobcenters und beantragte am 25. November sowohl Wohngeld als auch Kinderzuschlag. Gleichzeitig machte sie dem Amt deutlich, dass die Bearbeitung der Anträge sehr lange – bis zu vier Monate – dauern werde. Sie bat um Weiterbewilligung von Bürgergeld, bis die vorrangigen Leistungen abschließend bewilligt sind. Doch das Jobcenter blieb bei seiner Entscheidung, so dass die Mutter den Klageweg beschreiten musste.
Bürokratiemonster Wohngeld – zwei Jahre Bearbeitungszeit
Jobcenter muss in Vorleistung gehen
Das Sozialgericht Kiel widersprach dem Jobcenter (S 41 AS 92/22). Zwar verpflicht §12a SGB II zur Beantragung vorrangiger Leistungen. Die Regelung ermächtige das Jobcenter aber nicht, mit Verweis auf den Vorrang anderer Leistungen die Zahlung von Bürgergeld gänzlich zu verweigern. Liegen die Voraussetzungen vor, müsse das Jobcenter bis zur Zahlung der vorrangigen Hilfen in Vorleistung treten und gegebenenfalls einen Erstattungsanspruch gegen den Leistungsträger (Familienkasse oder Wohngeldstelle) geltend machen.
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