Kommt es beim Bürgergeld zu einer verspäteten Nachzahlung durch das Jobcenter, muss das Amt diese Nachzahlung mit vier Prozent verzinsen. Diese Regelung greift dabei auch bei anderen Sozialleistungen, wie etwa dem Wohngeld, und deren Leistungsträgern.
Die Mühlen der Behörden mahlen oft langsam – das betrifft auch Anträge rund ums Bürgergeld sowie bspw. Wohngeld, Grundsicherung im Alter etc. Verspätete Zahlungen dürfen vom Jobcenter oder anderen Behörden aber nicht einfach nur mit einem Achselzucken abgetan werden. Die Behörde ist per Gesetz dazu verpflichtet, Geldleistungen zu verzinsen, die aufgrund von Verzögerungen erst verspätet gezahlt wurden. Nicht mit einem mickrigen Zinssatz wie auf einem Sparbuch. Nein: 4,0 Prozent Zinsen stehen Bürgergeld Bedürftigen in einem solchen Fall zu.
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BSG hat entschieden
Dazu ein Beispiel aus der Praxis des Bundessozialgerichts: Das Jobcenter hatte die Kosten für Unterkunft und Heizung einer Grundsicherungsempfängerin nur teilweise getragen. Dagegen klagte die Frau mit Erfolg und hatte Anspruch auf eine Nachzahlung der bisher nicht übernommenen Leistungen. Das Amt überwies den Betrag in Höhe von 1.380 Euro, allerdings ohne Zinsen. Auch dagegen klagte die Hilfebedürftige. Dieses Mal führte der Weg sogar bis vor das Bundessozialgericht. Dort verwies man auf § 44 SGB I und betonte: Die Frau habe Anspruch darauf, dass die Nachzahlung mit vier Prozent verzinst wird (B 8 SO 15/19).
§ 44 SGB I als Basis
Eigentlich müsste jedes Jobcenter diese Regelung kennen, denn sie findet sich unter anderem in der Wissensdatenbank der Bundesagentur für Arbeit unter dem Stichpunkt „SGB I – Allgemeiner Teil: Verzinsung von Geldleistungen nach § 44 SGB I“. Dort wird die Frage beantwortet, ob Leistungen, die verspätet gezahlt wurden, weil die Bearbeitung zu lange dauerte, verzinst werden. Die Antwort lautet schlichtweg „ja“ – aber nur, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Auch diese Bedingungen ergeben sich weitgehend aus dem Wortlaut des Gesetzestextes, werden von der BA aber noch einmal näher erläutert.
Höhe und Dauer der Verzinsung
Absatz 1 des Paragrafen regelt die Dauer und die Höhe der Verzinsung. Demnach sind Zinsen nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eintritt der Fälligkeit bis zum Eintritt des Kalendermonats vor der Zahlung zu verzinsen. Dabei greift eine Verzinsung in Höhe von vier vom Hundert oder in einfachen Worten 4,0 Prozent.
Wann besteht ein Zinsanspruch?
Der zweite Absatz schränkt dann ein, ab wann ein solcher Anspruch auf Verzinsung eintritt. Nur weil das Jobcenter ein paar Tage länger benötigt hat, um die Papiere auf den Weg zu bringen, müssen keine Zinsen gezahlt werden. Konkret gilt: „Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger“ oder „beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung“.
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Antag muss vollständig vorliegen
Wichtig ist also vor allem, dass Anträge vollständig sind und alle Informationen sowie Belege genannt beziehungsweise eingereicht werden. Kurzum: Es müssen alle Tatsachen vorliegen, damit der Antrag ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Müssen Unterlagen nachgereicht werden, verschiebt sich die Sechsmonatsfrist für den Zinsanspruch entsprechend nach hinten. Dann gilt der Monat als Ausgangspunkt, in dem der Antrag vollständig vorlag. Ist seitens des Bürgergeld Bedürftigen kein Antrag für die Geldleistung erforderlich, „so beginnt die Verzinsung nach Ablauf des Monats, der dem Monat folgt, in dem der Bescheid bekanntgegeben wurde“.
Weitere Regeln
Kein Anspruch auf Zinsen haben Bürgergeldempfänger hingegen, wenn es sich um Dienst- oder Sachleistungen, Erstattungsleistungen der Leistungsträger untereinander, die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge, Zinseszinsen oder Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung für Bezieher von Leistungen handelt. Bei Vorschüssen, vorläufigen Leistungen, Leistungen aufgrund einer vorläufigen Entscheidung oder Leistungen eines anderen Trägers, die zu erstatten sind, bezieht sich ein möglicher Zinsanspruch nur auf den Restbetrag.
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