Augenhöhe, Fairness, gemeinsam Strategien entwickeln: Auf dem Papier liest sich das schön. In der Realität erleben viele Bürgergeld-Empfänger genau das Gegenteil und haben daher auch kaum bis gar kein Vertrauen (mehr) zum Jobcenter oder der Bundesagentur für Arbeit (BA). Im Zweifelsfall suchen sie lieber Hilfe an anderer Stelle. Genau dieses Problem hat man der BA auf Twitter jetzt um die Ohren gehauen, nachdem einer Schwangeren die Leistungen gestrichen wurden.
Jobcenter versagt Schwangeren alle Leistungen
Hintergrund ist – mal wieder – ein Fall von Behördenversagen. Das zuständige Jobcenter hat einer Schwangeren mit zweijährigem Kind im Oktober vorigen Jahres kurzerhand den Hahn zugedreht. Der Vorwurf an die Frau: Sie sei ihren Mitwirkungspflichten bei der Unterhaltsvorschusskasse nicht nachgekommen. Daraus ergab sich gleich ein ganzer Rattenschwanz an Problemen.
Behörde handelt rechtswidrig
Die ganze Geschichte: Weil der Kindsvater die Vaterschaft nicht anerkennt und das Jugendamt behauptet, nie Unterlagen erhalten zu haben, gibt es keinen Unterhaltsvorschuss. Dabei sei die Aussage laut Helena Steinhaus, die für den Verein „Sanktionsfrei e.V.“ auf den Fall aufmerksam macht, nachweislich falsch. Zudem habe das Jobcenter rechtswidrig gehandelt. Es hätte bis zur Klärung beim Jugendamt den Unterhalt vorauszahlen müssen.
Gerichtsurteil wird missachtet
Der Anwalt des Vereins legte Widerspruch ein. Auch ein Gericht hat längst für die Frau entschieden. Doch das Jobcenter zahlt nicht. Hier ist dann der Verein Sanktionsfrei eingesprungen. Denn der Frau blieb nur das Kindergeld zum Leben – und davon wurden sie, ihr Kind und das ungeborene Leben nicht satt. Jetzt steht die Zahlungsklage im Raum.
Reaktion der Bundesagentur für Arbeit
Dieser Vorgang sorgte, wie schon der Fall, in dem eine Frau aussagen sollte, ob, wie und warum sie vielleicht nicht verhütet hat, für ein enormes Echo.
Amt fragt Bürgergeld-Bedürftige, warum sie nicht verhütet hat
Viele macht das Verhalten der Behörden „fassungslos“. Einige wenige raten der Frau auf Twitter, doch arbeiten zu gehen. Andere sprechen von einer „Methode“ seitens der Behörden.
Und dann ist da noch der Kommentar der Bundesagentur für Arbeit:
„Uns ist viel daran gelegen, wenn sich die Betroffenen direkt bei unserem Kundenreaktionsmanagement melden. Nur so können unsere Kolleginnen und Kollegen gezielt helfen. Gerne gehen wir auch mit Ihnen nochmal in den Austausch via Mail.“
Mangelndes Vertrauen in die Hilfsbereitschaft
Die Antwort von Helena Steinhaus auf dieses Angebot hat es in sich und kommt einer Klatsche für die BA gleich. Die Vereinsgründerin weist darauf hin, dass es für Betroffene doch wesentlich einfacher wäre, wenn man das Kundenreaktionsmanagement auch allein finden könnte. Vor allem aber: Dazu müsse man das Vertrauen haben, dass zügig geholfen werde, auch in finanzieller Hinsicht. Und genau daran hapert es.
Liebe @Bundesagentur, am einfachsten wäre es natürlich, die Betroffenen würden das Kundenreaktionsmanagement von alleine finden und das Vertrauen haben, dass ihnen zügig geholfen wird, auch finanziell. https://t.co/YAaOxWSsDP
— Helena Steinhaus (@SteinhausHelena) February 14, 2023
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