Im Zuge der Coronavirus-Pandemie wurde ein Sozialschutz-Paket aus dem Boden gestampft, bei dem auch der Zugang zu Hartz IV Leistungen vereinfacht wurde – speziell hierfür wurde der neue § 67 SGB II eingeführt, der am 28.03.2020 in Kraft getreten ist. Ein Punkt dieses Paketes ist die vorübergehende Prüfungserleichterung bei Weiterbewilligungsanträgen.
Weiterbewilligungsanträge sollen automatisch erfolgen
Hartz IV Bedürftige müssen in den meisten Fällen keine Weiterbewilligungsanträge stellen, da diese automatisch nach den bisherigen Verhältnissen des bisherigen Bewilligungszeitraumes erfolgen. Hierzu heißt es in § 67 Abs. 5 SGB II:
(5) Für Leistungen nach diesem Buch, deren Bewilligungszeitraum in der Zeit vom 31. März 2020 bis vor dem 31. August 2020 endet, ist für deren Weiterbewilligung abweichend von § 37 kein erneuter Antrag erforderlich. Der zuletzt gestellte Antrag gilt insoweit einmalig für einen weiteren Bewilligungszeitraum fort. Die Leistungen werden unter Annahme unveränderter Verhältnisse für zwölf Monate weiterbewilligt. Soweit bereits die vorausgegangene Bewilligung nach § 41a vorläufig erfolgte, ergeht abweichend von Satz 3 auch die Weiterbewilligungsentscheidung nach § 41a aus demselben Grund für sechs Monate vorläufig. § 60 des Ersten Buches sowie die §§ 45, 48 und 50 des Zehnten Buches bleiben unberührt.
§ 67 SGB II – Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2; Verordnungsermächtigung
Beudeutet: Endet der bisherige Bewilligungszeitraum in der Zeit vom 31.03.2020 bis einschließlich 30.08.2020, wird das Antragserfordernis (Weiterbewilligungsantrag mittels Formular WBA oder online) aus Vereinfachungsgründen ausnahmsweise ausgesetzt. Bedürftige müssen also keinen Antrag auf Weiterbewilligung stellen, denn diese läuft unter Annahme der bisherigen Voraussetzungen nach dem Gesetzeswortlaut nahtlos weiter, und zwar
- im Regelfall für 12 Monate
- bei bisher vorläufiger Leistungsgewährung nach § 41a SGB II für 6 Monate
Hierzu schreibt die Agentur für Arbeit aktuell in ihren Fachlichen Weisungen zu § 67 SGB II, dass voraussichtlich ab dem 21.04.2020 alle Bewilligungszeiträume die ab dem 30.04.2020 enden und die, die bis zum 30.08.2020 auslaufen, automatisch in der ALLEGRO Software auf Weiterbewilligung gestellt werden. Hierzu werden automatisch auch Bewilligungsbescheide aus ALLEGRO heraus versandt.
Nur Fälle, die nicht plausibel sind bzw. einer Überprüfung bedürfen, werden manuell beschieden. Hierzu zählen beispielsweise Leistungsfälle, deren Bewilligungszeitraum aufgrund des Erreichens des Regelaltersrentenalters vorzeitig endet.
Informationen von Agentur für Arbeit sorgen für Verwirrung
Die Informationen auf der offiziellen Seite der Agentur für Arbeit sorgen für Verwirrung. Unsere Redaktion wurde schon von zahlreichen Lesern kontaktiert, die nicht wissen, was zu tun ist. Zum einen lässt die Agentur für Arbeit in ihren Informationen die Zeiträume aus – regulär zwölf bzw. sechs Monate bei vorläufiger Bewilligung. Dass es sich bei „Leistungen auf Basis der Verhältnisse des bisherigen Bewilligungszeitraums“ eben um diese Zeiträume handelt, steht für Bedürftige – wenn überhaupt – nur zwischen den Zeilen. Zudem ist auf der Seite der Agentur für Arbeit ein anklickbarer „Button“ mit ANTRAG STARTEN angefügt, obwohl im vorgenannten Text steht, dass kein Antrag gestellt werden muss. Dies hat zur Folge, dass viele Hartz IV Bedürftige vorsorglich einen Weiterbewilligungsantrag gestellt haben, obwohl sie es nicht müssten.
Telefonische Aussagen im Jobcenter teils falsch
Dass in o. g. Fällen keine Hartz IV Weiterbewilligungsanträge gestellt werden müssen, scheint aber auch noch nicht bei allen Jobcenter Mitarbeitern angekommen zu sein. So erreichen unsere Redaktion auch regelmäßig Nachrichten, wonach Mitarbeiter telefonisch die Auskunft erteilt haben sollen, dass weiterhin Weiterbewilligungsanträge zu stellen seien – auch bei langjährigen Empfängern von Hartz IV Leistungen, bei denen keine Veränderungen eintreten.
Bundesagentur für Arbeit muss Informationspolitik überarbeiten
Angesichts der aktuellen Corona-Krise sind zusätzlich viele Menschen mehr auf Hartz IV Leistungen angewiesen, was auch zu Überlastungen in den Jobcentern selbst führt. Würde die Agentur für Arbeit ihre Informationen aufbereitet für den Bürger veröffentlichen, anstatt eine juristische Vorbildung der Hartz IV Bedürftigen voraussetzen, könnte dies sowohl auf Seiten der Jobcenter als auch bei den Bedürftigen für eine deutliche Entlastung sorgen.
Wie fatal sich falsche oder unklare Informationen für Bedürftige auswirken können, hatte gegen-hartz.de vor ein paar Tagen scharf kritisiert. Gleiches gilt bei den Informationen der Agentur für Arbeit zum erstmaligen Arbeitslosengeld II Antrag, wie wir unter Jobcenter nutzen bewusst Unwissen Hartz IV Bedürftiger aus berichtet haben.