Bürgergeld Bedürftige wie Dreck behandeln und sich selbst wie Herrgötter aufführen, die über Wohl und Wehe entscheiden: Das sind keine Ammenmärchen, sondern ist leider Realität, die Existenzen zerstört. Denn den Mitarbeitern der Jobcenter ist es meist völlig egal, ob jemand ein Dach über dem Kopf hat oder bald auf der Straße steht. So geschehen in Wuppertal: Statt Hilfe gab es Vorwürfe und böse Unterstellungen. Statt mit Beratungsstellen zu kooperieren, wurden Dokumente geschwärzt und verfälscht. Jetzt droht Obdachlosigkeit.
Antrag abgelehnt
Der Hintergrund dieses Falls von Komplettversagen ist wenig spektakulär. Ein 59-Jähriger musste nach einer kurzen Unterbrechung erneut Bürgergeld beantragen. Das geschah im März 2024 mit allen nötigen und nachgeforderten Unterlagen und Erklärungen. Der Antrag wurde abgelehnt. Begründung: Weil der Mann keinen Strom verbraucht, kann er nicht an der angegebenen Adresse wohnen.
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Wohnung fristlos gekündigt
Dabei war dem Jobcenter Wuppertal von Anfang bekannt, dass der Bürgergeld Bedürftige seit Jahren mit einer Stromsperre lebt und daher weder Strom noch Heizung hat. Aus Sicht der Behörde kann eine Wohnung, in der es keinen Strom gibt, aber nicht bewohnt werden. Dass allein in Wuppertal 1.300 Haushalte dieses Schicksal teilen, ist dem Jobcenter egal – so der Verein Tacheles, der dem Antragsteller zur Seite steht. Konsequenz: Weil der Mann angeblich nicht in Wuppertal wohnt, hat er auch keinen Anspruch auf Bürgergeld. Dadurch kann er die Miete nicht zahlen, hat die fristlose Kündigung erhalten und ist nicht krankenversichert.
Auch Beratungsstelle scheitert
Aufgrund der Brisanz hat der Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles alle Hebel in Bewegung gesetzt. Aber auch hier gab es anfangs keine Reaktion, obwohl das Jobcenter zur Kooperation mit Beratungsstellen verpflichtet ist. Selbst der direkte Kontakt mit der Geschäftsführung der Behörde endete ernüchternd. Man hatte sich nicht einmal ansatzweise mit dem Sachverhalt beschäftigt und setzte weitere Lügen in die Welt. Der Antragsteller sei nicht an der Aufklärung interessiert und bei einem Termin zum Hausbesuch nicht vor Ort gewesen. Tatsache: Der Mann wartete mit einem Zeugen vergebens auf den Besuch.
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Manipulierte Akten
In den Akten, die Tacheles anforderte, fehlen Protokolle, wurden Vermerke geschwärzt und ganz offensichtlich Seiten entfernt. Am 20. Oktober wurde daraufhin ein letzter Versuch gestartet, die Kuh vom Eis zu bekommen – ohne jede Reaktion. Jetzt ist das Sozialgericht an der Reihe. Für den Mann heißt das: Er kommt der Obdachlosigkeit jeden Tag einen Schritt näher. Auch so kann man Menschen brechen.
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