813 Euro für einen alleinstehenden Bürgergeld Bedürftigen: Diesen Betrag fordert der Paritätische Gesamtverband, um ein menschenwürdiges Existenzminimum sicherzustellen. Offiziell abgelehnt! Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt erachtet den aktuellen Regelbedarf nicht für „evident unzureichend“ und sieht daher auch keinen Anlass, das Bundesverfassungsgericht einzuschalten. Damit scheiterte die Klage eines Mannes, der vom Amt die besagten 813 Euro forderte.
Widerspruch gegen Höhe der Leistungen
Der Kläger bezieht eine Unfallrente und erhält aufstockend Bürgergeld. Für die Zeit von Mai 2023 bis April 2024 wurden ihm vom Amt zunächst 666,77 Euro zugestanden. Nach dem Widerspruch und der Forderung, ihm stehe ein Mehrbedarf wegen seiner Behinderung zu, wurde neu gerechnet – allerdings aufgrund einer Anpassung der Rente. Der Widerspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Danach blieben 647,21 Euro inklusive der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie einem Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserzeugung. Berücksichtigt wurde zudem die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro. Dagegen klagte der Bürgergeld Bedürftige.
Forderung nach 813 Euro
Entscheidend aber: Am 17. Oktober 2023 forderte der Mann vom Amt, den Regelbedarf auf 813 Euro anzuheben. Mit dem Regelsatz in Höhe von 502 Euro sei ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht gewährleistet, auch nicht durch die Anhebung des Bürgergelds zum 1. Januar 2024. Dass eine solche Bitte vom Amt abgelehnt wird, war abzusehen.
Klagegrund: Armutsbedingte Mangelernährung
Auch das Sozialgericht Magdeburg machte im wahrsten Sinne des Wortes kurzen Prozess und lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Begründung: Die Höhe des gewährten Regelbedarfs sei verfassungsgemäß. Der Bürgergeldempfänger habe nicht ausgeführt, weshalb ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht möglich sei. Gegen diesen Beschluss legte der Mann Beschwerde ein und erklärte, dass ihm mit dem Bürgergeld nur 1,93 Euro pro Mahlzeit blieben. Daraus ergebe sich eine „armutsbedingte Mangelernährung“.
Beschwerde ist unbegründet
Statthaft und zulässig war die Beschwerde, aber nicht von Erfolg gekrönt – weil sie sich aus Sicht des Landessozialgerichtes als unbegründet herausstellte. Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung sei, dass sie
„zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint“.
Das sahen die Richter nicht als gegeben an. Vielmehr verwiesen sie darauf, dass schon der Wunsch nach einem Mehrbedarf aufgrund der Behinderung nicht durchsetzbar gewesen sei.
Klare Regeln für die Bürgergeld Regelbedarfe
Im Hinblick auf den Regelbedarf machte das Landessozialgericht deutlich: Die Höhe entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Wie die Regelbedarfe ermittelt werden, sei vom Gesetzgeber klar geregelt worden. Da das Gericht an Gesetz und Recht gebunden sei, könne man keinen höheren Regelbedarf bestimmen.
Regelsatz reicht aus
Den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, kam für das Landessozialgericht ebenfalls nicht infrage. Denn:
„Es besteht auch keine Überzeugung davon, dass die Regelbedarfshöhe der Regelbedarfsstufe 1 (Anm.: alleinstehender Erwachsener) zur Gewährleistung des Existenzminimums des Antragstellers evident unzureichend ist.“
Das sei nur der Fall, wenn die Gesamtsumme ein Leben, das
„physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist“,
unmöglich mache.
Gesetzgeber hat Gestaltungsspielraum
Der Gesetzgeber habe mit der Einmalzahlung von 200 Euro im Juli 2022 auf die Preisentwicklung reagiert, die Regelsätze von 2022 zu 2023 um 11,75 Prozent und zu 2024 um 12,0 Prozent angehoben. Hierbei greife auch die Neufassung bei der Anpassung (Anm.: erweiterte Fortschreibung), um aktuelle Entwicklungen aufgreifen zu können. Damit soll gewährleistet werden,
„dass nicht über einen längeren Zeitraum zu niedrige Regelbedarfe zugrunde gelegt werden“.
Wenn dabei Verbrauchsbereiche als nicht regelbedarfsrelevant eingeordnet werden, gehöre dies zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.
Verfahrensgang:
- Sozialgericht Magdeburg, Aktenzeichen S 6 AS 907/23 ER vom 20. November 2023.
- Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Aktenzeichen L 5 AS 356/23 B ER vom 14. Dezember 2023
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