Der Drehtüreffekt feiert sein Comeback. Das lassen die aktuellen Koalitionspapiere von Union und SPD zur Nachfolgelösung des Bürgergelds zumindest erahnen. Die insgesamt 162 Seiten enthalten gerade für Bürgergeld Bedürftige eine Reihe von Stolpersteinen, die von der Ampel ursprünglich aus dem Weg geräumt worden waren. Jetzt heißt es – um einige Kritiker des aktuellen Systems zu zitieren – „Schluss mit lustig“. Statt gezielt eine passende Arbeit zu finden, muss jeder Job angenommen werden. Es gilt wieder der Vermittlungsvorrang.
Repression statt Unterstützung
Wohin die Reise mit der neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende gehen wird, war von Anfang an klar: zurück in ein repressives System. Rücksicht auf individuelle Schicksale oder aber auch nur den bisherigen Lebenslauf ist damit passé. Daran hat die Union nie auch nur den Hauch eines Zweifels gelassen. Dieser Weg wird nun von der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales bestätigt. In wenigen Zeilen werden die Karten nahezu völlig neu gemischt.
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Schnellstmöglich in Arbeit
Zwar sind es nur Fragmente und einzelne Aussagen, die hier gebündelt zusammengefasst sind. Doch die haben es in sich. Das gilt insbesondere für die Aussage: „Für die Menschen, die arbeiten können, soll der Vermittlungsvorrang gelten.“ Sie sollen schnellstmöglich in Arbeit vermittelt werden. Genau davon hatte man sich mit dem Bürgergeld verabschiedet, um Stärken und Schwächen Betroffener besser berücksichtigen zu können. Das alles wird demnächst keine Rolle mehr spielen.
Jeder Job muss angenommen werden
Was heißt das konkret? Jemand, der hochqualifiziert ist, muss notfalls auch einen Job als Spülkraft annehmen. Menschen, die bislang auf dem Bau gearbeitet haben, landen als Aushilfe am Fließband. Das mag das sein, was sich Union und SPD wünschen, um weniger Leistungen erbringen zu müssen. Doch der Nutzen wäre von kurzer Dauer.
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Zusätzliche Mittel für Jobcenter
Sozialwissenschaftler sprechen diesbezüglich vom Drehtüreffekt. Wenn der Job nicht passt, dauert es nicht lange und man steht wieder im Jobcenter – und das mitunter mehrfach. Aus diesem Teufelskreis kommt man nicht mit einem Vermittlungsvorrang, sondern mit gezielter Qualifikation und Beratung. Immerhin: Für die Eingliederung sollen den Jobcentern mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden – mindestens eine Milliarde Euro. Das Geld geht nur leider den Bach runter, wenn man willkürlich vermittelt, um die Akte schnell schließen zu können.
Titelbild: Beispielbild mit KI-Hilfe erstellt