Unerbittliche Härte erfahren Bürgergeld Bedürftige vor Gericht, wenn sie ein paar Euro Verdienst oder die Bedarfsgemeinschaft verschweigen. Wenn jemand indes Millionen Euro an Steuergeldern hinterzieht, darf er meist mit Nachsicht rechnen. Das Problem, dass Arme strukturell benachteiligt werden, hat der Jurist und Autor Ronen Steinke vor geraumer Zeit in einem Buch verarbeitet. Der treffende Titel: „Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich. Die neue Klassenjustiz.“
Geldbeutel entscheidet
Im einem Gespräch mit dem rbb erläuterte Steinke diese Einschätzung. Zunächst einmal monierte er, dass der Staat längst nicht jedem, der sich vor Gericht verantworten müsse, einen Pflichtverteidiger stelle. Im Umkehrschluss heißt das: Es kommt auf die persönlichen finanziellen Mittel an, ob man sich selbst verteidigen muss oder Hilfe von einem Profi an seiner Seite weiß.
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Eine der Forderungen des Juristen lautet dementsprechend: Unabhängig davon, welcher Vorwurf im Raum stehe, sollte jeder einen Verteidiger haben. Polen, Frankreich und Italien würden dies längst praktizieren. Nur dann sei Fairness möglich.
Fairness kostet Geld
Davon scheint man hierzulande noch weit entfernt zu sein. Weil Fairness Zeit und Geld koste, hänge alles davon ab, was man sich leisten könne, moniert Ronen Steinke. Wer genug Geld habe, was bei Bürgergeld Bedürftigen und Haushalten mit niedrigem Einkommen eher nicht der Fall ist, könne Prozesse in die Länge ziehen und die Gerichte mit Anträgen und Befangenheitsanträgen nerven. „Die allermeisten, die sich das nicht leisten können, über die wird dann geurteilt“, so Steinke gegenüber der Journalistin Mirjam Meinhardt.
Härtere Gangart gegenüber armen Tätern
Das zweite Problem, mit dem Bürgergeld Bedürftige aus Sicht des Autors zu kämpfen haben: Sie würden vor Gericht deutlich mehr Härte erfahren als beispielsweise Steuerbetrüger. „Wer es nicht nötig hat und dann trotzdem die Gesellschaft übers Ohr haut […], der hat nicht mehr Nachsicht oder mehr Verständnis verdient als jemand, der an der Armutsgrenze lebt wie eine Hartz-IV-Empfängerin,“ die sich ein bisschen Würde erhalten möchte, sagt Ronen Steinke. Gerade aus ökonomischer Sicht müsse weitaus mehr über das Thema Steuerhinterziehung gesprochen werden.
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Reiche können sich aus der Affäre ziehen
Deutschland sei inzwischen ein Land, in dem die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklaffe. Diese ökonomischen Aspekte und die Tatsache, dass der Kapitalismus tobe, dürften im Gerichtssaal jedoch keinen Unterschied machen. Das ist leider Wunschdenken. Denn, so Steinke im SWR: „Arme Leute erleben die ungefilterte Härte des Strafrechts, während reiche Leute gute Chancen haben, sich aus der Affäre zu ziehen und beides hat in den letzten 20 Jahren noch zugenommen.“
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