Was sich unter dem Entwurf des 10. Gesetzes zur Änderung des II. Sozialgesetzbuches (SGB II) verbirgt und bei der Bundesregierung unter „10. SGB II-ÄndG – Teilhabechancengesetz“ geführt wird, ist nichts anderes als per Gesetz verordnete Zwangsarbeit für Hartz IV Bedürftige.
Arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose sollen aktiviert werden
Die Regierung hat das Problem nach eigenen Angaben erkannt und will diesem auf dem Weg in die Vollbeschäftigung bekämpfen. Trotz sinkender Arbeitslosenzahlen und guter Konjunktur gibt es eine Gruppe von Arbeitslosen, die dem Arbeitsmarkt wieder näher gebracht werden müssen. Im Referentenentwurf zur Gesetzesänderung ist hier die Rede von einer „zahlenmäßig bedeutsamen Gruppe von arbeitsmarktfernen Langzeitarbeitslosen“ die bereits mehrere Jahre im Hartz IV Bezug stehen und ohne Unterstützung keine realistische Chance haben, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Regierung sieht daher die Notwendigkeit, die „Beschäftigungsfähigkeit“ dieser Personengruppe mit Betreuung, Beratung und individueller Förderung zu verbessern.
Teilhabechancen schaffen
Die Lösung des Problems sieht die Regierung darin, mit der Gesetzesänderung Teilhabechancen für Hartz IV Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt zu schaffen. Bedeutet: Hartz IV Bedürftige sollen arbeiten gehen, wenn nicht freiwillig, dann per Zwang. Ein netter Nebeneffekt: Sie sind dann bis zu 5 Jahre aus der Arbeitslosenstatistik wegmanipuliert.
Hierfür soll § 16i als neues Regelinstrument im SGB II aufgenommen werden. Dieser Paragraf regelt u. A. den Zuschuss, den Arbeitgeber erhalten, wenn sie „zugewiesene“ Hartz IV Bedürftige beschäftigen. Der Gesetzeswortlaut des § 16i Absatz 1 (Teilhabe am Arbeitsmarkt):
(1) Zur Förderung von Teilhabe am Arbeitsmarkt können Arbeitgeber für die Beschäftigung von zugewiesenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten Zuschüsse zum Arbeitsentgelt erhalten, wenn sie mit einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ein Arbeitsverhältnis begründen.
Alleine die Wortwahl „zugewiesenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten„ lässt erahnen, wie freiwillig dies für Hartz 4 Betroffene ist, nämlich gar nicht…was im Absatz 3 des selben Paragrafen weiter ausgeführt wird. Zugewiesen werden können folgende Arbeitsuchende:
- die in den letzten 7 Jahren mehr als 6 Jahre Leistungen bezogen haben und in dieser Zeit nicht oder nur kurzzeitig sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigt waren. (Damit sind Hartz IV Aufstocker von dieser Regelung ausgenommen)
Die Dauer der Zuweisung beträgt bis zu 60 Monate, also volle 5 Jahre.
Zuschüsse für Arbeitgeber
Mit dieser Regelung wird zudem ein Instrument auf den Markt gebracht, welches mit Zuschüssen weiterhin Lohndumping fördert und Arbeitgeber dazu legitimiert, ihre im Hartz IV Bezug stehenden Arbeitnehmer „für lau“ auszubeuten.
Zuschüsse betragen lt. Entwurf des § 16i Absatz 2 SGB II:
- 100% in den ersten 24 Monaten
- 90% im 3. Jahr
- 80% im 4. Jahr
- 70% im 5. Jahr
Die Prozentangaben beziehen sich dabei auf den Mindestlohn zuzüglich der Arbeitgeber-Aufwendungen für Sozialversicherung.
Grundsätzlich soll der Zuschuss nicht gezahlt werden, wenn Arbeitgeber aufgrund des Zuschusses eine Beschäftigung mit einem regulären Arbeitnehmer aufkündigen. Dennoch dürfte klar sein, dass sich wieder Gesetzeslücken oder Manipulationen finden, mit denen diese „Schutzmaßnahme“ umgangen wird. Wie Arbeitgeber den Mindestlohn umgehen, wissen sie ja auch mittlerweile und der Gesetzgeber schaut nur zu. Damit dürfte jedem klar sein, dass reguläre Arbeitsplätze verdrängt werden!
Nur mal laut gedacht: Was passiert spätestens nach den 5 Jahren (oder schon nach 2 Jahren!) wenn die Förderung eingestellt wird?? Genau, der Arbeitgeber wird sich wieder einen neuen Hartz IV Zwangsarbeiter zuweisen lassen, den er für wenige oder auch 0,00 Euro ausbeuten kann und der bisherige Mitarbeiter steht wieder beim Jobcenter am Tresen.