Geldgeschenke an Bürgergeld Bedürftige sind heikel. Geht es um fünf Euro für den Enkel, mag das niemanden stören. Wenn nun aber 65.250 Euro überwiesen werden, drückt selbst das gutmütigste Jobcenter kein Auge mehr zu. Auch dann nicht, wenn die Zahlung zweckgebunden erfolgt und für eine Pilger-Reise nach Mekka bestimmt ist. Ein solcher Betrag muss als Einkommen gewertet werden und führt damit zwangsläufig zu einer Rückzahlung der Bürgergeld-Leistungen, sagt auch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 24. April 2024, Aktenzeichen L 18 AS 684/22).
Geldgeschenk über 65.250 Euro
Bei dem Fall, der zunächst vor dem Sozialgericht Berlin und dann vor dem Landessozialgericht verhandelt wurde, blieben viele Fragen offen, weil die Ausführungen der Bürgergeld Familie nur schwer nachvollziehbar sind. Doch von Anfang an: Die Frau hatte sich nach eigenen Aussagen jahrelang liebevoll um eine Nachbarin gekümmert, wofür sich die pflegebedürftige Frau mit einer Überweisung von 65.250 bedankt habe. Das Geld sollte unter anderem für eine langersehnte Reise nach Mekka sein. Oder anders ausgedrückt: Es handelte sich um eine zweckgebundene Zahlung.
Betrag bestimmungsgemäß genutzt
Genau darauf berief sich die Familie später auch vor Gericht. Der Betrag sei bestimmungsgemäß genutzt worden. Konkret: 55.600 Euro für eine Luxusreise nach Mekka samt religiösem Guide, 7.000 Euro für neue Zähne sowie 3.000 Euro für eine Spende und die Tilgung von Schulden. Bezahlt worden sei alles bar. Vermutlich ist das Geld deshalb auch umgehend vom Konto abgehoben und das Jobcenter gar nicht erst informiert worden.
Familie war nicht hilfebedürftig
Hätte eine Pflegekraft der Spenderin nicht die Polizei über die ungewöhnlich hohe Buchung informiert, wäre das Jobcenter vermutlich nie auf die Zahlung an die Bürgergeld Familie aufmerksam geworden. Angesichts von 65.250 Euro blieb der Behörde nichts anderes übrig, als die Bewilligungsbescheide für die Zeit von Juni 2018 bis Dezember 2019 aufzuheben und 22.600 Euro Hartz IV (heute Bürgergeld) zurückzufordern. Schließlich sei die Familie angesichts der Zuwendung durch die Nachbarin nicht hilfebedürftig gewesen.
Richter haben Zweifel
Dagegen wehrte sich die Familie, unterlag aber sowohl vor dem Sozialgericht als auch vor dem Landessozialgericht. Der Aussage, man habe nicht gewusst, dass ein Geldeingang dem Jobcenter gemeldet werden muss, schenkten die Richter keinen Glauben. Auch die Behauptung, dass alles in bar bezahlt worden sei, ohne Quittung, hielten die Gerichte für eher zweifelhaft. Eine Flugreise mit Kosten über mehr als 5.000 Euro bar zu bezahlen, widerspreche jeder Lebenserfahrung. Überdies sei die Reise nicht einmal anhand von Stempeln im Reisepass belegbar.
Jobcenter hat richtig gehandelt
Kurzum: Es war seitens des Jobcenters rechtens, den Betrag für die Zeit von Juni bis November 2018 als Einkommen und in der Zeit von Dezember 2018 bis Dezember 2019 als Vermögen zu werten. Die Bürgergeldempfänger seien zu dieser Zeit nicht hilfebedürftig gewesen. Es sei auch nicht unbillig, die Zuwendung der Nachbarin als Einkommen zu berücksichtigen und bereits gezahlte Leistungen zurückzufordern. Bürgergeld Bedürftige seien verpflichtet, Einnahmen zu nutzen, um den Lebensunterhalt sicherzustellen. Lediglich 16.500 Euro hätten nach damaligem Rechtsstand als Vermögensfreibetrag nicht gegengerechnet werden dürfen. Der Restbetrag von 48.750 Euro hätte zur Bedarfsdeckung genutzt werden müssen.
Zuwendungen sind nicht unbegrenzt privilegiert
Entscheidend: Die Geldzahlung sei zwar mit einem objektivierbaren Zweck verknüpft gewesen (der Reise nach Mekka), der durch die Berücksichtigung bei der Berechnung der Sozialleistungen vereitelt worden wäre. Doch auch solche Geldzuwendungen seien nicht in unbegrenzter Höhe privilegiert, sondern durch die Vermögensfreibeträge nach oben hin begrenzt.
Die Kläger können Revision beim Bundessozialgericht beantragen.
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