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P-Konto: Postbank verliert erneut Klage

Mann hält sein Sparschwein fest zur Sicherheit vor Gläubigern

Gerät ein Schuldner in finanzielle Turbulenzen, darf er sein gewöhnliches Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto – kurz P-Konto – umwandeln. Bis zu einem gesetzlich festgelegten Freibetrag von aktuell 1.500 Euro pro Monat (1.491,75 Euro nach § 850c Abs. 1 ZPO aufgerundet) bleibt das Guthaben so vor Pfändungen geschützt. Der Betrag wird jedes Jahr zum 1. Juli an die Lohnentwicklung angepasst – ab 01.07.2025 beträgt der Pfändungsfreibetrag 1.555,00 Euro, womit gerundet auf 1.560 Euro Guthaben vor Gläubigern sicher ist. Ausführliche Informationen haben wir unter:

Die gesetzliche Idee ist klar: Das Konto soll den Lebensunterhalt sichern, aber keine zusätzliche Gebührenschleuse eröffnen. Gleichwohl versuchte die Deutsche Bank AG / Postbank in ihren AGB, die Umstellung mit Sonderregeln zu flankieren. Diese Klauseln sahen unter anderem vor, dass nach der Umwandlung überzogene Beträge automatisch in ein neues Kreditkonto verschoben und dort weiter verzinst werden. Außerdem sollten bonitätsabhängige Produkte wie Dispokredit oder Kreditkarte pauschal beendet werden, sobald ein Kunde den Schutzschirm des P-Kontos aufspannt. Die Verbraucherzentrale NRW sah darin eine unzulässige Benachteiligung und zog vor Gericht.

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Verbraucherzentrale NRW klagte erfolgreich

Vor dem Landgericht Frankfurt am Main, Kammer 2-06, trug die Verbraucherzentrale ihren Katalog an Beanstandungen vor. Sie rügte zum einen die Kostenverlagerung, weil die Bank aus einem bloßen Überziehungssaldo ein neues, verzinstes Kreditkonto konstruierte. Zum anderen kritisierte sie die sofortige Kündigung von Zusatzleistungen ohne Einzelfallprüfung. Ebenfalls im Fadenkreuz standen irreführende Mitteilungen, die unmittelbar nach der Umstellung eine vermeintliche „Kontosperre“ meldeten, sowie der Hinweis, der Kunde müsse „für ausreichendes Guthaben zur Entgeltbelastung“ sorgen, obwohl gar keine zusätzlichen Entgelte zulässig sind.

Kernaussagen des Urteils

Die Frankfurter Richter folgten der Argumentation in nahezu allen Punkten. Zunächst erklärten sie die Kostenverlagerungsklausel für unwirksam, da sie die Verbraucher ohne sachlichen Grund schlechterstellt und damit gegen die Inhaltskontrolle § 307 BGB verstößt. Ebenso wenig darf die Bank eine Kreditkarte oder eine Dispolinie automatisch streichen; eine solch pauschale Regelung qualifizierte das Gericht als verbotene Überraschung im Sinne von § 309 Nr. 12 BGB. Auch die Entgelt- und Sperrhinweise seien unzulässig, weil sie ein verzerrtes Bild von drohenden Mehrkosten und blockiertem Zugriff zeichnen. Da der Kern des P-Kontos gerade darin liegt, den Freibetrag jederzeit verfügbar zu halten, wertete die Kammer die Information als irreführend nach § 5 UWG. Im Ergebnis verurteilte das Landgericht die Postbank zur Unterlassung und stellte klar, dass bei künftigen Verstößen Ordnungsgelder nach § 890 ZPO drohen.

Was das für Postbank-Kunden bedeutet

Für Kunden der Postbank – und mittelbar auch für Betroffene anderer Institute mit ähnlichen Klauseln – ändert sich damit gleich mehrfach etwas. Überziehungssalden dürfen nicht mehr in ein neues Kreditkonto abwandern, sodass sich keine versteckten Zinsen ansammeln. Kreditkarte und Dispokredit bleiben grundsätzlich bestehen, solange kein individueller Kündigungsgrund vorliegt. Die Bank muss den pfändungsfreien Betrag künftig transparent ausweisen, anstatt eine Sperre zu suggerieren. Wer in der Vergangenheit Zusatzgebühren oder Zinsen gezahlt hat, kann diese nun zurückverlangen, sofern sein Anspruch noch nicht verjährt ist.

Einordnung in die laufende Rechtsprechung

Das Frankfurter Urteil ordnet sich nahtlos in eine Reihe verbraucherfreundlicher Entscheidungen ein, mit denen die Gerichte den Spielraum der Banken beim AGB-Design einhegen. Schon 2021 hatte der Bundesgerichtshof in der Sache XI ZR 515/21 die Zustimmungsfiktion für AGB-Änderungen gekippt; seither rücken Land- und Oberlandesgerichte regelmäßig Klauseln zurecht, die Gebührenmodelle, TAN-Verfahren oder Basiskonten regeln. Frankfurt macht deutlich, dass auch beim P-Konto keine Sonderwege geduldet werden.

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Wie es weitergehen kann

Die Postbank könnte zwar noch binnen Monatsfrist Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt einlegen. Beobachter halten das angesichts der deutlichen Niederlage und des partiellen Anerkenntnisses jedoch für wenig wahrscheinlich. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, müssen Banken ihre P-Konto-Praxis gründlich überarbeiten, um Abmahnungen und neue Verfahren zu vermeiden. Kunden, die Ansprüche prüfen möchten, sollten Kontoauszüge sowie Bankkorrespondenz bereithalten und sich an die Verbraucherzentrale oder eine Schuldnerberatungsstelle wenden; dort erhalten sie kostengünstig Rat und gegebenenfalls Unterstützung beim Rückforderungs- oder Unterlassungsbegehren.

Titelbild: vchal / shutterstock

Peter Piekarz

Peter Piekarz