Den Rotstift beim Bürgergeld verbietet der Gesetzgeber – noch. Sonst käme es für Betroffene im nächsten Jahr knüppeldick. Die Fortschreibung der Regelsätze für einen erwachsenen Single hätte eine Kürzung von aktuell 563 auf 539 Euro zur Folge. Das wären jeden Monat 24 Euro weniger. Kritiker des Bürgergelds fordern einen solchen Schritt schon lange, scheitern damit aber aufgrund der Besitzschutzregelung nach §28a Absatz 5 SGB XII. Daher kommt es 2025 „nur“ zu einer Nullrunde für Bürgergeld Bedürftige.
Inhaltsverzeichnis
Existenzminimum sichern
Der Ärger rund um den Hartz-IV-Nachfolger basierte von Anfang an auf den Regelsätzen. Die Bürgergeld Leistungen wurden als zu hoch, unangemessen und unfair bezeichnet. Dabei decken sie, so wie gefordert, schlichtweg das Existenzminimum – wobei es daran berechtigte Zweifel und Berechnungen gibt, die auf deutlich höhere Beträge kommen. Diese Forderungen verhallen jedoch seit Jahren ungehört.
Nullrunde wurde vom Bundesrat bestätigt
Stattdessen werkelt man seitens der Politik im stillen Kämmerlein, um nach den hitzigen Debatten so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu generieren. Das Ergebnis für das Jahr 2025 ist in der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nachzulesen. Mit der Zustimmung des Bundesrats ist sie inzwischen in Kraft getreten. Abgekürzt und eher nüchtern betrachtet, steht unter dem Strich die Nullrunde beim Bürgergeld. Das heißt, Betroffene erhalten nicht einen Cent mehr und glücklicherweise auch nicht einen Cent weniger.
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Gesetz verhindert Rotstift
Kritisch wird es, sollten die Rufe nach der Kürzung der Regelsätze Gehör finden. Dann wäre die Besitzschutzregelung vermutlich hinfällig und dürften die Zahlbeträge auch reduziert werden. Noch gilt Absatz 5: „Ergeben sich aus der Fortschreibung nach den Absätzen 2 bis 4 für die Regelbedarfsstufen Eurobeträge, die niedriger als die im Vorjahr geltenden Eurobeträge sind, gelten die für das Vorjahr bestimmten Eurobeträge solange weiter, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben.“
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Die Fortschreibung für 2025
Warum das so wichtig ist, gerade jetzt? Weil die Fortschreibung von 2024 zu 2025 auf einen geringeren Betrag kommt, als er aktuell zu Buche steht. Verantwortlich dafür ist die Inflation. Was dabei allerdings untergeht: Die Teuerung lässt zwar nach. Das heißt aber nicht automatisch, dass Produkte des täglichen Lebens auch günstiger werden. Oder anders ausgedrückt: Die Kosten sind nach wie vor hoch. So hoch, dass nicht nur Bürgergeld Bedürftige bei den Tafeln Schlange stehen.
So wird gerechnet
Trotz alledem müsste der Bürgergeld Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen nach den Berechnungen der Ampel im kommenden Jahr merklich sinken. Warum, verraten die Zahlen:
Ausgangspunkt ist nicht der aktuelle Regelsatz, sondern der Betrag, der für 2024 im Rahmen der Basisfortschreibung ermittelt wurde. Das sind 511,95 Euro (Single). Der erste Berechnungsschritt beruht auf einem Mischindex, der die Preisentwicklung zu 70 Prozent und die Lohnentwicklung zu 30 Prozent abbildet. Daraus ergibt sich für 2025 ein Faktor von 4,6 Prozent und somit ein Betrag von 535,50 Euro. Plus die ergänzende Fortschreibung mit 0,7 Prozent, die zusätzlich die aktuelle Inflation aufgreift. Macht 539,25 Euro oder abgerundet 539 Euro und damit 24 Euro weniger als bisher.
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Asylbewerberleistungen sinken
Dank der gesetzlichen Grundlagen bleiben die Regelsätze jedoch unverändert. Das gilt auch für den Schulbedarf aus dem Bildungspaket mit 130 Euro im ersten und 65 Euro im zweiten Schulhalbjahr. Bei Asylbewerbern greift die Besitzschutzregelung nicht. Die Asylbewerberleistungen (Geldleistungen nach § 3a AsylbLG während der ersten 36 Monate) sinken je nach Wohn- und Familiensituation um 13 bis 19 Euro pro Monat. Daraus ergibt sich eine Ersparnis von knapp 87 Millionen Euro im Jahr.
Kürzung ist schon in Planung
Eine solche Kürzung ist für Bürgergeld Bedürftige derzeit zwar ausgeschlossen. Aber: Schon bevor überhaupt gerechnet und die entsprechenden Entwürfe vorgelegt wurden, hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) (wir berichteten: Buschmann: Bürgergeld-Kürzung ist rechtlich möglich) die Option ins Spiel gebracht. Aus seiner Sicht wäre es möglich, die Leistungen einzudampfen, wenn man nur das Gesetz ändert.
Fair berechnet müssten es über 800 Euro sein
Ob man dann noch vom Existenzminimum sprechen kann, ist fraglich. Schon jetzt zweifeln einige Sozialgerichte, ob die Regelsätze und deren Berechnung überhaupt verfassungsmäßig sind. Eine Entscheidung des Bundessozialgerichts dazu steht noch aus. Ginge es nach dem Paritätischen Gesamtverband, müsste ein Erwachsener Leistungsempfänger über 800 Euro monatlich erhalten, damit Teilhabe überhaupt möglich ist.
Titelbild: photocrew1 / shutterstock