Bürgergeld und Mindestlohn tangieren Banker in gehobenen Positionen normalerweise gar nicht. Doch was denken Ökonomen darüber, dass die Regelsätze zum kommenden Jahr steigen? Teilen sie gegen Betroffene und das Bürgergeld aus? Oder sehen sie das Thema etwas differenzierter und nicht nur aus dem Blickwinkel der Kritiker – wie etwa Professor Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), der die Debatte als populistisch bezeichnet.
Der Streit um die Regelsätze
Betrachtet man die sozialen Medien und die gängige Berichterstattung, gilt: Der Bürgergeld Regelsatz ist viel zu hoch. Niemand möchte mehr arbeiten, sondern nur noch die soziale Hängematte genießen. Dieses Bild vom faulen Bürgergeldempfänger wird von der Politik fleißig befeuert. Ob sich dieses Zerrbild auch bei Finanzexperten verfangen hat, zeigt ein Interview mit vier Ökonomen, darunter zwei Banker.
Bürgergeld-Regelsätze sind nicht transparent
Bürgergeld schwächt Arbeitsanreize
Gefragt hat „FOCUS online“, und die Antworten lassen teils tief blicken. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, gehört zu jenen, die mit der Anpassung des Bürgergelds nicht zufrieden sind. Die deutliche Erhöhung schwäche die Anreize zur Aufnahme einer Arbeit. Das betreffe vor allem gering qualifizierte Arbeitskräfte mit vielen Kindern.
Großzügiger aufstocken
Der Chefvolkswirt der Deka Bank, Ulrich Kater, denkt im Gegensatz zu seinem Kollegen weniger in Klischees. Für ihn steht fest, wer arbeitet, müsse mehr verdienen als jene, die nicht arbeiten. Das habe auch mit dem Bürgergeld zu tun.
„Aber noch mehr mit der Anrechnung von Hinzuverdienst“,
betont er. Ulrich Kater sieht die Schwachstelle bei der Möglichkeit, sein Bürgergeld aufzustocken. Aus seiner Sicht sei es daher sinnvoller, beim Aufstocken großzügiger als bei der Höhe der Grundleistungen zu sein.
Kabinett beschließt Bürgergeld Erhöhung 2024 auf 563 Euro
Höhere Löhne nur bei besseren Schulen
Die unterschiedlichen Meinungen hinsichtlich des sozialen Systems und den Löhnen im unteren Gehaltsbereich spiegeln sich auch bei der Einstellung zum Mindestlohn wider. Jörg Krämer erklärte, es sei nicht Aufgabe des Staates, in die Lohnverhandlungen einzugreifen. Und wenn höhere Löhne gefordert würden, müsse der Staat seinerseits für bessere Bildung sorgen und
„für breite Bevölkerungsschichten die Basis legen, sich besser zu qualifizieren und dann gut zu verdienen“.
Oftmals mangele es an der Schulbildung, was dann eine Ausbildung verhindere.
Mindestlohn gleicht nur Inflation aus
Ulrich Kater sieht in der Bürgergeld Anpassung lediglich einen Ausgleich der Inflation der vergangenen Jahre. Das gelte auch für den Mindestlohn. Mehr Handlungsbedarf bestehe derzeit nicht. Dafür fordert er – wie auch Jörg Krämer – die Steuer- und Abgabenbelastung zu reduzieren. Zur Gegenfinanzierung schlägt der Deka Chefvolkswirt höhere Steuern für höhere Einkommen oder alternativ geringere Staatsausgaben vor.
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