Missbrauch der Grundsicherung: Das ist die große Sorge von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Nachdem er am Montag während des politischen Gillamoos gegen Hartz IV Bedürftige gehetzt hatte, bestätigte er am Dienstag seine Haltung zum Bürgergeld. Er lehnt es ab und hält die Hartz IV Reform für eine Fehlentscheidung. Aus seiner Sicht braucht es nach wie vor die Möglichkeit, von Betroffenen auch Leistung einzufordern.
Vorwurf der Faulheit
Markus Söder hatte sich am Montag in Rage geredet und dabei tief blicken lassen. Er beschuldigte alle Hartz IV Bedürftigen, faul und arbeitsunwillig zu sein. Wäre es nach ihm gegangen, hätten Leistungsempfänger angesichts der chaotischen Lage an den deutschen Flughäfen aushelfen müssen.
Die Linke zum Bürgergeld: Hartz IV Bedürftige werden veräppelt
Aussage leicht relativiert
Dass diese Worte im Rahmen einer bierseligen Veranstaltung fielen, entschuldigt nicht die pauschale Verurteilung aller, die auf Hartz IV angewiesen. Auch nicht die Tatsache, dass Markus Söder einen Tag nach seiner Hartz IV Hetze die Aussagen zumindest etwas relativierte, macht sie nicht besser.
Keine Solidarität für Arbeitsunwillige
Nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts betonte er:
„Wer nicht arbeiten kann, der muss auch keine Arbeit annehmen.“
Das klang schon etwas anders als am Montag. Generell bleibt Bayerns Ministerpräsident jedoch bei seiner Aussage:
„Wer aber arbeiten kann und das nicht will, der kann nicht in gleicher Weise auf die Solidarität pochen wie jemand, der eben nicht arbeiten kann.“
Bürgergeld ist eine Fehlentscheidung
Deshalb sei die Idee einer Hartz IV Reform und die Einführung eines Bürgergelds eine Fehlentscheidung, so Söder. Damit unterstreicht er den Grundtenor seiner Rede: Weil das Bürgergeld keine Möglichkeit mehr biete, Menschen zu motivieren, könne es den Missbrauch bei Leistungsempfängern fördern.
Sorge wegen des Sanktionsmoratoriums
Damit reagiert er erneut darauf, dass die Ampelkoalition fast alle Hartz IV Sanktionen bis Mitte 2023 ausgesetzt hat und beim Bürgergeld weitgehend auf Leistungskürzungen verzichten möchte. Gleichwohl können laut Referentenentwurf für das Bürgergeld künftig nach wie vor Sanktionen in Höhe von bis zu 30 Prozent verhängt werden.
Verzicht auf Leistungskürzungen ist falsch
Der Gedanke, Hartz IV Bedürftige nicht mehr gängeln zu dürfen, passt ganz offenbar nicht ins CSU-Verständnis. Das hatte Markus Söder am Montag sehr deutlich gemacht:
„Wenn einer Geld bekommt von anderen, und die, die es bezahlen, nicht einmal erwarten dürfen, dass er sich bemüht, wenn er das Geld bekommt, dann ist das der falsche Weg.“
Paritätischer: Bürgergeld ist ein schlechter Witz
97 Prozent der Hartz IV Bedürftigen erfüllen ihre Pflichten
Die Angst vor Leistungsmissbrauch – und noch mehr die Angst vor der Wut der Wähler – lässt den Ministerpräsidenten eines übersehen: Gerade einmal drei Prozent aller Hartz IV Bedürftigen kommen mit Sanktionen in Berührung. Das heißt im Umkehrschluss: 97 Prozent erfüllen ihre Pflichten – zumal die Mehrheit heilfroh wäre, nicht mehr auf Hartz IV und das Jobcenter angewiesen zu sein.
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